Die Presse

Landschaft­sarchitekt­ur als Spiegel der Gesellscha­ft

In einem neu eröffneten Archiv an der Boku Wien zeigen Forscherin­nen die vielen Facetten heimischer Gartenkuns­t. Ein Sukkus: In Österreich gibt es weit mehr als die berühmten Barockgärt­en.

- VON LISBETH LEGAT Uhr auf ORF III. am 30. Jänner um 21.05

Launige Zeichnunge­n des Landschaft­sgärtners Albert Esch, der von 1883 bis 1854 gelebt hat, fallen einem im Archiv gleich ins Auge: Entwürfe für einen Garten für Faulenzer, einen Garten für Sportliebh­aber oder einen Garten für den Blumenfreu­nd. Der große Rest ruht, geschützt vor Umwelteinf­lüssen, in Schiebekäs­ten, und wird auf Wunsch hervorgeho­lt. Das Institut für Landschaft­sarchitekt­ur der Boku Wien hat am Mittwochab­end das „LArchiv“eröffnet. In diesem werden Daten und Dokumente zur Geschichte der österreich­ischen Landschaft­sarchitekt­ur des 20. und 21. Jahrhunder­ts gesammelt, bewahrt und erforscht.

„Unsere Sammlung setzt sich aus Nachlässen österreich­ischer Landschaft­sarchitekt­en wie Albert Esch, Hans Grubbauer, Gertrude Kraus oder Josef Oskar Wladar zusammen“, erläutert die Institutsl­eiterin, Lilli Licka.ˇ Wobei Landschaft­sarchitekt­ur nicht nur die Gestaltung von Gärten oder Parks betrifft, sondern etwa auch die Planung von Autobahnra­ststätten, Parks in Fabrikanla­gen, Freigeländ­e in Kurhotels, Zugtrassen oder die Gestaltung des öffentlich­en Stadtraums umfasst.

„Gärten sind immer ein Spiegel der Gesellscha­ft. Ihre Gestaltung drückt das jeweilige Verhältnis zur Natur aus“, sagt Licka.ˇ In der Landschaft­sarchitekt­ur in Österreich seien allerdings primär die Barockgärt­en präsent: „Wir wollen zeigen, dass es eine kontinuier­liche historisch­e Entwicklun­g gegeben hat und wie sich Konzepte und Stile mit den gesellscha­ftlichen und künstleris­chen Strömungen der Zeiten geändert haben.“

Vor allem am Anfang des 20. Jahrhunder­ts war das ein Gebiet, das auch Frauen offenstand. Eine berühmte Gartenbaus­chule mit exzellente­r Ausbildung gab es damals in Eisgrub (im heutigen tschechisc­hen Lednice). Sie wurde auch von vielen Frauen besucht, denen es zum Teil sogar gelang, eigene Betriebe aufzubauen. „Die meisten Frauen, die die Schule besuchten, waren Jüdinnen, denen es zum Glück gelang, 1938 zu emigrieren“, weiß Ulrike Krippner, Senior Scientist am Institut.

Heute ruht die Landschaft­sarchitekt­ur auf mehreren Säulen. Es geht nicht nur um die Gestaltung, sondern auch um Ingenieurt­echnik, Naturwisse­nschaften und nicht zuletzt um Ökologie und Nachhaltig­keit. „Wir sehen unsere Aufgabe als Institut nicht nur in der Lehre und Forschung, sondern auch in der Vermittlun­g nach außen“, sagt Licka.ˇ Entspreche­nd ist das „LArchiv“nicht nur als Gedächtnis­stütze für Forscher und Studenten gedacht, es soll auch Kommunen und Institutio­nen offenstehe­n. Man wolle das Bewusstsei­n für eine nachhaltig­e und sensible Gestaltung von Freiräumen schärfen, heißt es. Immerhin ist es heute bereits üblich, dass man bei großen Bauprojekt­en nicht nur im Wohnbau Landschaft­sgärtner bei der Planung hinzuzieht.

Die analoge Sammlung umfasst Pläne, Entwürfe und Zeichnunge­n bedeutende­r Landschaft­sgärtner des 20. Jahrhunder­ts, die über Nachlässe an die Universitä­t gingen. Die digitale Sammlung enthält aktuell mehr als 500 Biografien, rund 1400 Publikatio­nen, über 1400 Werke und Projekte sowie Informatio­nen über Ausbildung­sstätten und Fachorgani­sationen. „Und wir hoffen natürlich, in Zukunft weitere Vor- oder Nachlässe zu bekommen, um das Archiv auch langfristi­g sichern zu können“, sagt Krippner, die maßgeblich an dessen Aufbau beteiligt war. lagern derzeit im neuen Archiv für österreich­ische Landschaft­sarchitekt­ur, dem „LArchiv“, der Boku Wien.

enthält die digitale Sammlung sowie rund 1400 Publikatio­nen und ebenso viele weitere Werke und Informatio­nen.

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