3-D-Druck soll neue Chancen für die Industrie eröffnen
Die Digitalisierung bringt einen Aufschwung für Verfahren, bei denen Bauteile auf Basis von Computermodellen schichtweise gefertigt werden. Eine Studie zeigt, dass dadurch Geschäftsmodelle überholt werden. Kunden sollen maßgeschneiderte Produkte bekommen.
Eine Milliarde Computerchips fertigt der Halbleiterhersteller Infineon jeden Monat in Villach. Jedes Mikroelektronikbauteil legt im Produktionsverfahren an zehn Stationen zwischen 15 und 20 Kilometer Weg zurück. „Fällt ein Schritt aus, kann alles stehen“, erklärt Vorstandsvorsitzende Sabine Herlitschka. Damit das nicht passiert, gibt es freilich ständig Wartungen. Und ein Notfallszenario, das künftig zu einem immer fixeren Teil der Produktion werden soll: Mit 3-D-Druckern lassen sich Ersatzteile innerhalb kurzer Zeit herstellen. Dieses sogenannte additive Fertigungsverfahren (siehe Lexikon) erlaubt es, Modelle, Werkzeuge, aber auch fertige Produkte schnell, flexibel und in beliebiger Form herzustellen.
Schon der frühere US-Präsident Barack Obama sprach diesen das Potenzial zu, die Art, wie Gegenstände produziert werden, zu revolutionieren. Die Technologie wird damit auch zum Wettbewerbsfaktor. „Additive Fertigung, vor allem 3-D-Druck, bietet Öster- reich die Chance, sich im Spitzenfeld zu positionieren“, sagt Herlitschka als Mitglied des Rates für Forschung und Technologieentwicklung. Dieser präsentierte nun eine gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Oberösterreich beauftragte Studie, die den Status quo, aber auch Chancen und Hemmnisse der Schlüsseltechnologie umreißt.
Dazu wurden 5445 Einträge des Onlinemagazins 3Druck.com aus den Jahren 2011 bis 2016 analysiert, die sich mit Trends der 3-D-Drucktechnologien befassen. Was dort diskutiert werde, präge die Handlungen in der Gegenwart und sei daher geeignet, Hinweise für die Zukunft abzuleiten, sagt Studienautor Matthias Fink vom Institut für Innovationsmanagement der Uni Linz. Zusätzlich interviewten die Forscher Experten und luden diese auch zu einer Diskussion in der Gruppe.
Warum etwa heben die schon vor mehr als 30 Jahren erstmals eingesetzten Verfahren jetzt ab? „Durch die Digitalisierung entwickelt sich momentan ein Ökosystem, in dem ein wesentlicher disruptiver Entwicklungsschritt möglich ist“, erklärt Fink. Die Produktion funktioniere immer vernetzter, hier könnten additive Verfahren wesentliche Bausteine liefern.
Sie sollen den scheinbaren Widerspruch zwischen Automatisierung und Individualisierung auflösen. So sollen Konsumenten vermehrt maßgeschneiderte Produkte bekommen: vom Turnschuh bis zur Halskette. Völlig neue Produkte seien denkbar, sagt Fink und zeigt einen Stahlwürfel aus einer Wabenkonstruktion. Mit einem 30 Prozent geringeren Gewicht, aber der gleichen Festigkeit wie ein massiver Würfel, bietet diese enormes Potenzial für die Automobilund Flugzeughersteller oder für Anlagenbauer.
Als hemmenden Faktor sieht er die Zeit: „Die Produktion eines Bauteils dauert wesentlich länger als alle Spritz-, Guss- und Pressverfahren.“Durch die parallele Verwendung mehrerer 3-D-Drucker erreiche man aber sinnvolle Durchschnittsproduktionszeiten. Die Produktionsschritte eins zu eins zu vergleichen, sei nicht sinnvoll, die Technologie biete andere Vorteile für den Wettbewerb.
Das bedeutet aber auch, dass sich die Unternehmenslandschaft und Geschäftsmodelle radikal verändern müssten, erklärt Fink. Während große Unternehmen die Ver-
(3-D-Druck) bezeichnet Verfahren, bei denen Bauteile auf Basis digitaler, dreidimensionaler Konstruktionsdaten durch schichtweises Auftragen von Material erzeugt werden. Das Prinzip bisher primär genutzter Fertigungsmethoden funktioniert genau umgekehrt: Die Werkstücke werden – siehe auch den Beitrag oben – aus einem festen Block herausgearbeitet. Traditionelle Anwendungsbereiche der additiven Fertigung, die durch die fortschreitende Digitalisierung boomt, liegen in der Medizin (Prothesen, Zahntechnik), aber auch im Werkzeugbau. fahren bereits einsetzen, sei die doch relativ wissensintensive Technik noch nicht in ausreichendem Maße in der klein- und mittelständischen Wirtschaft angekommen. Hier sieht er sehr großes, noch ungenutztes Potenzial.
Es gelte daher, Unternehmen verstärkt zu beraten, aber auch „ein Bewusstsein auf breiter Basis zu schaffen“. Die Technik soll bereits in der Schule und zu Beginn des Studiums vermittelt werden. Auch Pädagogen sollten die Grundidee der Schichtverfahren in ihrer Ausbildung vermittelt bekommen. Außerdem sollten Universitäten noch stärker mit Unternehmen zusammenarbeiten.
Die Ergebnisse der Studie hat Fink in zehn Thesen zusammengefasst. Im März will der Forschungsrat, der die Bundesregierung berät, dazu eine Empfehlung veröffentlichen. Die Politik sei jedenfalls gefordert, Räume für die sich „unglaublich schnell entwickelte Methode“zu schaffen, so Fink. (gral)