Die Chinesen kommen zum Shoppen
Studie. Welche Ziele sind bei chinesischen Touristen beliebt, weltweit und in Europa? Wie viel geben sie auf Reisen aus, welche Hindernisse gibt es für sie bei der Einreise, und was erwarten sie in den Hotelzimmern? Wasserkocher zum Beispiel.
Sie sind attraktive Gäste, und sie sind viele: Besucher aus der Volksrepublik China gehören in ganz Europa zu umworbenen Reisenden. Jetzt hat eine Untersuchung der Universität St. Gallen deren Reiseverhalten, ihre Topziele und auch die Hindernisse für Europareisen untersucht. Und hat dabei gute wie schlechte Nachrichten für die europäischen Zielländer ausgemacht.
Die guten zuerst: Grundsätzlich ist Europa nach den Ergebnissen der Studie bei den chinesischen Touristen beliebt und erzielt einen Marktanteil von 16 Prozent bei den insgesamt 51 Millionen Touristen, die Ziele außerhalb von Mainland China, Hongkong, Taiwan und Macau bereisen. Ganz oben auf der Liste der populärsten Länder in Europa stehen Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Großbritannien und an fünfter Stelle Österreich.
Die zunehmende Beliebtheit der Alpenrepublik lässt sich auch an den Statistiken der Österreich Werbung ablesen: So haben die Ankünfte chinesischer Gäste nach einer Phase der Stagnation zwischen 2004 und 2009 seit 2010 wieder kontinuierlich zugenommen: Waren 2010 noch knapp 180.000 Reisende aus dem Reich der Mitte in Österreich eingetroffen, waren es 2017 fast 800.000. Was Nächtigungszahlen von gut 267.000 im Jahr 2010 und knapp 1,123 Millio- nen im Jahr 2017 entspricht – die zu einem Großteil in der gehobenen Hotellerie verbracht wurden. Denn mehr als die Hälfte der chinesischen Gäste steigt in Vier- oder Fünfsternehäusern ab, mehr als 20 Prozent in Dreisternehotels; allerdings sorgt die eher kurze Nächtigungsdauer dafür, dass sie relativ zu anderen Gästen weniger umsetzen.
Im Vergleich zu anderen Destinationen darf sich Europa aber über ein verhältnismäßig spendables Verhalten freuen: So gibt der durchschnittliche chinesische Gast nach den Ergebnissen der St. Gallener Studie in Europa täglich 280 Euro für alle Reisekosten aus, dazu kommen noch insgesamt 1100 Euro für das Shopping. Womit fast alle anderen Ziele ausgestochen werden, lediglich beim Shoppen haben die nordamerikanischen Händler die Nase vorn: Hier wird für umgerechnet 1500 Euro pro Reise eingekauft. Am stärksten dürfen sich über die Umsätze der chinesischen Reisenden Wien, Innsbruck, Salzburg und Seefeld freuen, die überwiegend in den späten Sommer- und frühen Herbstmonaten besucht werden.
Zu den Themen, mit denen Österreich im Reich der Mitte punkten kann, gehören die Kultur – hier vor allem die Musik – und der imperiale Glanz; außerdem steht es für landschaftliche Schönheit und wird als gastfreundliches, naturaf- fines und sicheres Urlaubsland wahrgenommen.
Soweit die guten Nachrichten. Schaut man allerdings in der Studie der Universität St. Gallen etwas genauer hin, hat zwar nicht Österreich im Speziellen, aber Europa im Allgemeinen mit einigen Hürden zu kämpfen, wenn es darum geht, die Reiseentscheidungen der Chinesen zu seinen Gunsten ausgehen zu lassen.
So vermutet Studienautor Christian Laesser hinter den Daten, die zeigen, dass die Amerikas oder auch Ozenanien häufig die Nase vorn haben, unter anderem auch den immer noch herausfordernden Visumsprozess für die Schengen-Länder. In dem sich un-
Speziell für Österreich setzt sich aber das Pekinger Büro der Österreich Werbung dafür ein, die Begeisterung der Chinesen für die Alpenrepublik zu erhöhen. Und gibt den heimischen Hoteliers und Veranstaltern Tipps, wie man den Gast aus dem Reich der Mitte glücklich macht. Dazu braucht es unter anderem Wasserkocher, Hausschuhe und Toiletteartikel im Hotelzimmer, Geduld und Toleranz und auf keinen Fall einen erhobenen Zeigefinger, der von Chinesen wie auch eine erhobene Stimme als Anlass zum Gesichtsverlust empfunden wird. Und wenn möglich keine Zimmernummer oder Sitzreihe vier – denn die Zahl gilt manch abergläubischen Gästen aus China als Unglückszahl. Und das braucht man im Urlaub nun wirklich nicht. (sma)