Die ganz persönliche Energiebilanz
Gebäudedämmung. Effizienter Wärmeschutz bringt massive Einsparungen bei den Heizkosten, auch das Wohnklima wird angenehmer. Ein Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten.
So unterschiedlich die Positionen zur effizienten Nutzung von Energie sonst sind, in einem sind sich alle Experten einig: Die beste Energie ist die, die erst gar nicht verbraucht wird. Das gilt nicht zuletzt für Privathaushalte, die nach dem Transport und der Sachgüterproduktion beim Endenergieverbrauch an dritter Stelle liegen. Das größte Einsparungspotenzial bietet hierbei ein effizienter Wärmeschutz der Gebäude – laut Angaben der Statistik Austria fließen rund 50 Prozent des Energieverbrauchs eines österreichischen Haushalts in die Heizung. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand Rechnung gezollt, indem er die Anforderungen an den Wärmeschutz in den vergangenen Jahren sukzessive erhöht hat. Die Hersteller wiederum bieten mittlerweile eine Vielzahl an unterschiedlichen Dämmstoffen an, Baumeister die unterschiedlichsten Systeme. Für den Häuslbauer oder Sanierungswilligen ist es dabei schwer, den Überblick zu bewahren.
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Im Zuge einer Altbausanierung können laut Experten bis zu 80 Prozent der Heizkosten eingespart werden. Als Richtwerte gelten 20 bis 30 Prozent bei den Außenwänden, 15 bis 25 Prozent beim Dach, zehn bis 30 Prozent bei einem Fenstertausch. „Es sind aber nicht nur die Energiekosten“, sagt Bernhard Lipp, Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für Bauen und Ökologie IBO. „Auch die Haustechnik wird einfacher, das Wohnklima behaglicher und der Wert der Immobilie gesteigert.“
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Die gängigste und einfachste Lösung ist das Verbundsystem, bei dem die Dämmplatten an die Außenwand des Rohbaus geklebt werden. Aufwändiger ist die sogenannte vorgehängte Fassade, bei der vor dem Mauerwerk eine Unterkonstruktion errichtet wird, die den Dämmstoff trägt. Darauf wird dann die sichtbare Fassade angebracht, die aus Holz, Klinkersteinen oder anderen Materialien bestehen kann. „Das ist zwar aufwendiger, aber man hat damit auch mehr architektonische Gestaltungsmöglichkeiten als mit einem Verbundsystem“, erläutert Lipp. Im Fertighausbau kommt oft die Holzständerbauweise zum Einsatz. Hier befindet sich das Dämmmaterial in der Holzkonstruktion zwischen Innen- und Außenwand. Beim Fertighaushersteller Griffner etwa bläst man neuerdings Holzwolle in diese Konstruktion, „die Einblastechnologie stellt sicher, dass die Holzwolle selbst den letzten kleinen Winkel ausfüllt“, erläutert Eigentümer Georg Niedersüß.
Ebenfalls relativ neu sind Ziegel mit integrierter Dämmung aus Mineralwolle, wie sie der Hersteller Wienerberger anbietet. „Ein
In all seinen Aspekten ausführlich behandelt wird das Thema Dämmen in der Broschüre „Dämmstoffe richtig eingesetzt“. Die Broschüre kann auf der Klimaaktiv-Homepage entweder in Druckform angefordert oder kostenlos heruntergeladen werden. www.klimaaktiv.at/erneuerbare/ nawaro_markt/daemmstoffe/ daemmstoffbroschuere.html Vorteil dieser Methode ist zweifellos der geringere Platzbedarf, weil man keine zusätzlichen Dämmplatten anbringen muss“, sagt Naghmeh Altmann-Mavaddat, Senior Expert im Bereich Buildings bei der Österreichischen Energieagentur.
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Wärmedämmverbundsysteme können aus Polystyrol, aus Mineral- oder Glaswolle, aus Kork, Holz oder Hanf bestehen. Am weitesten verbreitet sind Platten aus Polystyrol wie EPS oder XPS. Clemens Hecht, Sprecher der Arge Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme, schätzt, dass rund 80 Prozent der Bauherrn sich für dieses Material entscheiden. „Da spielt vor allem der Preis eine große Rolle, aber auch die einfache Verarbeitungsmöglichkeit und die langjährige Erfahrung bei seinem Einsatz“, erläutert er. Weil EPS- oder XPSPlatten aus Erdöl hergestellt wer-
Auf der Homepage www.baubook.info findet man einen Onlinerechner für Bauteile, mit dem sich verschiedene Dämmstärken, Baustoffe, Konstruktionen und Energieträger miteinander vergleichen lassen. Ergänzt wird das Tool, das in seiner Basisversion kostenlos ist, von einem Amortisationsund Wirtschaftlichkeitsrechner. www.baubook.info den, werden sie von Nachhaltigkeitsexperten aber eher skeptisch gesehen. „Mein Herz schlägt für nachwachsende Rohstoffe“, betont etwa Altmann-Mavaddat, die selbst Architektin ist. „Sie haben ein anderes Verhalten, wenn man sie anbringt, vermitteln ein behaglicheres Wohngefühl und lassen sich problemlos recyceln.“Auf der negativen Seite firmiert der Preis: „Wir haben hier eine Schwankungsbreite von 100 bis 200 Prozent im Vergleich zu Polystyrol“, weiß Hecht, schränkt aber gleichzeitig ein: „Den Dämmstoff allein zu betrachten ist der falsche Weg, man muss die Gesamtheit berücksichtigen. Je nach Gebäude, Innen- oder Außendämmung ergeben sich andere Ansätze und Notwendigkeiten.“
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„Die problematischsten Stellen bei Dämmmaßnahmen sind sicherlich die Anschlussleisten bei Fenstern, Türen, Sockeln, Balkonen oder dem Dach“, sagt IBO-Experte Lipp. „Wenn hier Fehler passieren, dann nützt das beste Dämmmaterial nichts. Er empfiehlt daher, sich an qualifizierte Firmen zu wenden und vor Auftragsvergabe entsprechende Referenzen einzuholen. Ganz ähnlich sieht es Hecht: „Zentral ist weniger das Material als seine Verarbeitung.“Die Arbeiten solle man daher nur von einem zertifizierten Profi durchführen lassen. „Prüftechnisch gesehen hält eine Fassadendämmung mindestens 25 Jahre, bei guter Verarbeitung sind aber auch 40 bis 50 Jahre normal.“Und man solle sich bei der Planung Zeit lassen, meint Altmann-Mavaddat: „Man baut oder saniert nicht jeden Tag ein Haus. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema versteht sich daher von selbst.“