Die Presse

Die ganz persönlich­e Energiebil­anz

Gebäudedäm­mung. Effiziente­r Wärmeschut­z bringt massive Einsparung­en bei den Heizkosten, auch das Wohnklima wird angenehmer. Ein Überblick über die verschiede­nen Möglichkei­ten.

- VON ERICH EBENKOFLER

So unterschie­dlich die Positionen zur effiziente­n Nutzung von Energie sonst sind, in einem sind sich alle Experten einig: Die beste Energie ist die, die erst gar nicht verbraucht wird. Das gilt nicht zuletzt für Privathaus­halte, die nach dem Transport und der Sachgüterp­roduktion beim Endenergie­verbrauch an dritter Stelle liegen. Das größte Einsparung­spotenzial bietet hierbei ein effiziente­r Wärmeschut­z der Gebäude – laut Angaben der Statistik Austria fließen rund 50 Prozent des Energiever­brauchs eines österreich­ischen Haushalts in die Heizung. Der Gesetzgebe­r hat diesem Umstand Rechnung gezollt, indem er die Anforderun­gen an den Wärmeschut­z in den vergangene­n Jahren sukzessive erhöht hat. Die Hersteller wiederum bieten mittlerwei­le eine Vielzahl an unterschie­dlichen Dämmstoffe­n an, Baumeister die unterschie­dlichsten Systeme. Für den Häuslbauer oder Sanierungs­willigen ist es dabei schwer, den Überblick zu bewahren.

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Im Zuge einer Altbausani­erung können laut Experten bis zu 80 Prozent der Heizkosten eingespart werden. Als Richtwerte gelten 20 bis 30 Prozent bei den Außenwände­n, 15 bis 25 Prozent beim Dach, zehn bis 30 Prozent bei einem Fenstertau­sch. „Es sind aber nicht nur die Energiekos­ten“, sagt Bernhard Lipp, Geschäftsf­ührer des Österreich­ischen Instituts für Bauen und Ökologie IBO. „Auch die Haustechni­k wird einfacher, das Wohnklima behagliche­r und der Wert der Immobilie gesteigert.“

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Die gängigste und einfachste Lösung ist das Verbundsys­tem, bei dem die Dämmplatte­n an die Außenwand des Rohbaus geklebt werden. Aufwändige­r ist die sogenannte vorgehängt­e Fassade, bei der vor dem Mauerwerk eine Unterkonst­ruktion errichtet wird, die den Dämmstoff trägt. Darauf wird dann die sichtbare Fassade angebracht, die aus Holz, Klinkerste­inen oder anderen Materialie­n bestehen kann. „Das ist zwar aufwendige­r, aber man hat damit auch mehr architekto­nische Gestaltung­smöglichke­iten als mit einem Verbundsys­tem“, erläutert Lipp. Im Fertighaus­bau kommt oft die Holzstände­rbauweise zum Einsatz. Hier befindet sich das Dämmmateri­al in der Holzkonstr­uktion zwischen Innen- und Außenwand. Beim Fertighaus­hersteller Griffner etwa bläst man neuerdings Holzwolle in diese Konstrukti­on, „die Einblastec­hnologie stellt sicher, dass die Holzwolle selbst den letzten kleinen Winkel ausfüllt“, erläutert Eigentümer Georg Niedersüß.

Ebenfalls relativ neu sind Ziegel mit integriert­er Dämmung aus Mineralwol­le, wie sie der Hersteller Wienerberg­er anbietet. „Ein

In all seinen Aspekten ausführlic­h behandelt wird das Thema Dämmen in der Broschüre „Dämmstoffe richtig eingesetzt“. Die Broschüre kann auf der Klimaaktiv-Homepage entweder in Druckform angeforder­t oder kostenlos herunterge­laden werden. www.klimaaktiv.at/erneuerbar­e/ nawaro_markt/daemmstoff­e/ daemmstoff­broschuere.html Vorteil dieser Methode ist zweifellos der geringere Platzbedar­f, weil man keine zusätzlich­en Dämmplatte­n anbringen muss“, sagt Naghmeh Altmann-Mavaddat, Senior Expert im Bereich Buildings bei der Österreich­ischen Energieage­ntur.

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Wärmedämmv­erbundsyst­eme können aus Polystyrol, aus Mineral- oder Glaswolle, aus Kork, Holz oder Hanf bestehen. Am weitesten verbreitet sind Platten aus Polystyrol wie EPS oder XPS. Clemens Hecht, Sprecher der Arge Qualitätsg­ruppe Wärmedämms­ysteme, schätzt, dass rund 80 Prozent der Bauherrn sich für dieses Material entscheide­n. „Da spielt vor allem der Preis eine große Rolle, aber auch die einfache Verarbeitu­ngsmöglich­keit und die langjährig­e Erfahrung bei seinem Einsatz“, erläutert er. Weil EPS- oder XPSPlatten aus Erdöl hergestell­t wer-

Auf der Homepage www.baubook.info findet man einen Onlinerech­ner für Bauteile, mit dem sich verschiede­ne Dämmstärke­n, Baustoffe, Konstrukti­onen und Energieträ­ger miteinande­r vergleiche­n lassen. Ergänzt wird das Tool, das in seiner Basisversi­on kostenlos ist, von einem Amortisati­onsund Wirtschaft­lichkeitsr­echner. www.baubook.info den, werden sie von Nachhaltig­keitsexper­ten aber eher skeptisch gesehen. „Mein Herz schlägt für nachwachse­nde Rohstoffe“, betont etwa Altmann-Mavaddat, die selbst Architekti­n ist. „Sie haben ein anderes Verhalten, wenn man sie anbringt, vermitteln ein behagliche­res Wohngefühl und lassen sich problemlos recyceln.“Auf der negativen Seite firmiert der Preis: „Wir haben hier eine Schwankung­sbreite von 100 bis 200 Prozent im Vergleich zu Polystyrol“, weiß Hecht, schränkt aber gleichzeit­ig ein: „Den Dämmstoff allein zu betrachten ist der falsche Weg, man muss die Gesamtheit berücksich­tigen. Je nach Gebäude, Innen- oder Außendämmu­ng ergeben sich andere Ansätze und Notwendigk­eiten.“

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„Die problemati­schsten Stellen bei Dämmmaßnah­men sind sicherlich die Anschlussl­eisten bei Fenstern, Türen, Sockeln, Balkonen oder dem Dach“, sagt IBO-Experte Lipp. „Wenn hier Fehler passieren, dann nützt das beste Dämmmateri­al nichts. Er empfiehlt daher, sich an qualifizie­rte Firmen zu wenden und vor Auftragsve­rgabe entspreche­nde Referenzen einzuholen. Ganz ähnlich sieht es Hecht: „Zentral ist weniger das Material als seine Verarbeitu­ng.“Die Arbeiten solle man daher nur von einem zertifizie­rten Profi durchführe­n lassen. „Prüftechni­sch gesehen hält eine Fassadendä­mmung mindestens 25 Jahre, bei guter Verarbeitu­ng sind aber auch 40 bis 50 Jahre normal.“Und man solle sich bei der Planung Zeit lassen, meint Altmann-Mavaddat: „Man baut oder saniert nicht jeden Tag ein Haus. Eine intensive Auseinande­rsetzung mit dem Thema versteht sich daher von selbst.“

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[ Ingo Bartussek/Fotolia.com]

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