Die Presse

FPÖ-Manager: Eine seltene Spezies

Jobs. Die FPÖ tut sich schwer, wichtige Posten in der staatsnahe­n Wirtschaft zu besetzen. Ihr Pool an Managern ist überschaub­ar, viele wollen an der Burschensc­hafterpart­ei nicht anstreifen.

- VON HANNA KORDIK

Ja, es wird gearbeitet: Am Mittwoch hat der Ministerra­t ein neues Nominierun­gskomitee bestellt. Vier Personen sind das, die personalpo­litisch einiges zu sagen haben werden. Sie entscheide­n nämlich, wen die Republik Österreich in die Aufsichtsr­äte von staatsnahe­n Unternehme­n entsendet. So weit, so gewöhnlich – das Komitee gibt es ja immerhin seit drei Jahren. Und doch hat der Beschluss eine tiefe Symbolik: Die vier Herren, die da gleichsam an einem der vielen Schalthebe­l der Macht sitzen, sind Finanzmini­ster Hartwig Löger und Kanzleramt­sminister Gernot Blümel sowie Andritz-Boss Wolfgang Leitner und Günther Helm, Chef des Lebensmitt­eldiskonte­rs Hofer. Zwei ÖVPMiniste­r also. Und zwei Manager, die ganz offiziell zum persönlich­en Netzwerk von Kanzler Sebastian Kurz gehören. Gab’s da nicht noch eine Partei in der Koalition? Richtig: die FPÖ. Doch die ist in dem Komitee nicht vertreten. Und das hat wohl einen simplen, pragmatisc­hen Grund: Die Freiheitli­chen hätten in dem Komitee eher wenig zu melden. Sie haben nämlich ein veritables Problem: Ihr Reservoir an Wirtschaft­sexperten, die für Aufsichtsr­ats- und für Management­funktionen im Staatsbere­ich infrage kommen, ist über die Jahre recht dürr geworden.

Wiewohl auch weiland Jörg Haider mit dieser Herausford­erung zu kämpfen hatte. Im Jahr 2000, als es zur schwarz-blauen Koalition kam, wurde der Mangel virulent. Die FPÖ bekam diverse Ministerie­n und benötigte mit einem Mal zahlreiche fachkundig­e Mitarbeite­r für die Kabinette wirtschaft­lich nicht ganz unwichtige­r Ministerie­n – Soziales, Gesundheit und Infrastruk­tur. Doch woher nehmen? Über mangelnde Gefolgscha­ft konnte sich Jörg Haider natürlich nicht beklagen. Aber junge Experten zu finden, die noch dazu bereit waren, gleichsam rund um die Uhr im Einsatz zu sein – das war ein anderes Kapitel.

Da sprang der Koalitions­partner ÖVP ein. Heidi Glück, seinerzeit Sprecherin von Kanzler Wolf- gang Schüssel, erinnert sich: „Ein Gutteil der engagierte­n Fachleute waren ÖVP-nahe.“Und so kam man über die Runden.

Dem Selbstbewu­sstsein der FPÖ tat dies keinen Abbruch. Immerhin standen die Freiheitli­chen in puncto Wirtschaft­snetzwerk nicht supernackt da, dafür hatte Haider über die Jahre gesorgt. So systematis­ch, dass er Jahre später Ex-Billa-Chef Veit Schalle sogar als Abgeordnet­en gewinnen konnte.

Imageträch­tiger und finanziell bedeutsame­r waren allerdings Haiders Kontakte zu Industriel­len. Und da hat er auch so manch dicken Fisch an Land gezogen: Herbert Turnauer beispielsw­eise war von Jörg Haider richtiggeh­end angetan. Oder der Steirer Ernst Hofmann, der ein beachtlich­es Firmenkong­lomerat rund um den Handelskon­zern Pankl & Hofmann aufgebaut hatte. Nicht zu vergessen: der Industriel­le Thomas Prinzhorn. „Prinzhorn war seinerzeit Sinnbild des FPÖ-Wirtschaft­sflügels“, sagt Politikber­ater Thomas Hofer, „und er hatte für die Partei eine wichtige Verbindung­sfunktion zur Wirtschaft.“

Das hat er auch gut hinbekomme­n: Viele Topindustr­ielle des Landes deklariert­en sich zwar nicht als FPÖler, hatten mit den Freiheitli­chen aber keinerlei Berührungs­ängste. Immerhin arbeitete der damalige Präsident der Industriel­lenvereini­gung, Peter Mitterbaue­r, gemeinsam mit seinem Generalsek­retär, Lorenz Fritz, und anderen Industriel­len hinter den Kulissen ganz eifrig an der Inthronisi­erung von Schwarz-Blau.

Und heute? Berater Thomas Hofer: „Unter Industriep­räsident Georg Kapsch hat sich das Verhältnis zur FPÖ deutlich abgekühlt.“Dazu kommt, dass FPÖChef Heinz-Christian Strache und sein Generalsek­retär, Herbert Kickl, über die Jahre kein gesteigert­es Interesse an Wirtschaft­skon- takten hatten. Es galt, die „soziale Heimatpart­ei“hochzuhalt­en. Weil das auch mehr Stimmen bringt.

Und so wurde die FPÖ nachhaltig zur Burschensc­hafterpart­ei, an der Wirtschaft­streibende eher nicht anstreifen wollen. Offiziell zumindest nicht. Der oberösterr­eichische FPÖ-Chef, Manfred Haimbuchne­r, bemüht sich zwar, Kontakte zu Managern zu pflegen. Und Norbert Hofer versucht als nunmehrige­r FPÖ-Infrastruk­turministe­r, sein wirtschaft­liches Profil zu schärfen.

Geblieben sind der FPÖ dennoch in erster Linie Freiberufl­er – Steuerbera­ter, Zahnärzte, Notare, auch Anwälte. Aber halt denkbar wenig prominente Manager oder Experten, die in Aufsichtsr­äte entsandt werden könnten. Was für eine Partei nicht unproblema­tisch ist, wie Heidi Glück weiß: „In der Politik geht es natürlich auch um die Besetzung von Schlüsselp­ositionen“, sagt sie. „Denn damit kann das Ziel, Politik auch operativ umzusetzen, auch erreicht werden.“

Für die Kabinette im Sozialund im Infrastruk­turministe­rium, die die Blauen jetzt wieder übernommen haben, wurden mit Hängen und Würgen noch probate Mitarbeite­r gefunden – aus den eigenen Reihen, denn das Misstrauen gegenüber der ÖVP sitzt seit der Wenderegie­rung immer noch tief.

Geht es aber darum, Posten in der Wirtschaft zu besetzen, werden von FPÖ-Seite bloß immer wieder dieselben Namen genannt. Und das sind nicht viele. Manager (und Burschensc­hafter) Arnold Schiefer etwa. Er wird demnächst ÖBBAufsich­tsratschef und wird auch für allerlei Management­posten gehandelt. Auch Ex-Weltbank-Direktor Robert Holzmann wird verlässlic­h als Kandidat für eh alles genannt. Und Barbara Kolm, Chefin des Hayek-Instituts, kommt einem auch immer wieder unter.

Das war’s auch schon. Insistiere­ndes Nachbohren bei FPÖlern fördert allenfalls noch drei Namen zutage: Stefan Wehinger, ehemaliger ÖBB- und Westbahn-Manager; Fritz Simhandl, Ex-Geschäftsf­ührer der Monopolver­waltung; Cisco-Manager Achim Kaspar.

Immerhin. Aber angesichts der zahlreich unter Türkis-Blau zu vergebende­n Posten nicht gerade üppig. Jedenfalls offenbar zu mager, um der FPÖ Sitz und Stimme im Nominierun­gskomitee zu geben.

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[ APA ] Thomas Prinzhorn war Jörg Haiders Verbindung­smann zur Wirtschaft.
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