Wie die FPÖ ihr Wahlziel verfehlt hat
FPÖ. Die Freiheitlichen konnten trotz des Skandals um die NS-Lieder stark zulegen. Erreichten das Wahlziel aber nur bedingt. Eine Personaldebatte wird es dennoch geben.
Die ersten Korken knallten im freiheitlichen Klub um Punkt 17 Uhr – noch bevor die Hochrechnung bekannt wurde. Man wollte demonstrativ feiern. Als die Balken auf 14,9 Prozent hochgingen fiel der Jubel allerdings dennoch verhalten aus. „Bravo, tadellos“, hörte man FPÖ-Landesparteichef Walter Rosenkranz sagen, dann war es schnell wieder still.
„Bitte jetzt ordentlich jubeln“, bat eine TV-Journalisten mit Blick auf die Fernsehbilder. Dann wurde es tatsächlich etwas lauter. Die Freiheitlichen haben nämlich von vier auf acht Mandate zugelegt. Damit wurde die Verdopplung, die man anstrebte, zumindest mandatsmäßig erreicht. Das lässt sich medial gut verkaufen. „Die letzten Tage waren gewittrig, aber wir haben die Ernte eingefahren“, sagte Rosenkranz. Die Funktionäre waren erleichtert. Angesichts des Skandals um die antisemitischen Liederbücher, die in der Germania zu Wiener Neustadt, deren langjähriger Vizeobmann Spitzenkandidat Udo Landbauer war, auftauchten, hat man sich offenbar Schlimmeres erwartet. Das ist nicht eingetreten.
Mit den beharrlichen Beteuerungen des FPÖ-Spitzenkandidaten, die Liedtexte nicht zu kennen und für restlose Aufklärungen sorgen zu wollen, dürfte er skeptische niederösterreichische Wähler besänftig haben. Andere hat er wohl mit seiner kämpferischen Ansage „Jetzt erst recht!“mobilisiert. Damit machte er es dem ehemaligen Bundespräsident Kurt Waldheim gleich. Der hat sich mit dem selben Spruch gegen den Vorwurf, er habe seine NS-Vergangenheit verschwiegen, gewehrt.
Spekulationen um Rücktritt
Der Skandal um die NS-Liederbücher war auch im verrauchten freiheitlichen Klub das bestimmende Thema. Spitzenkandidat Udo Landbauer ließ sich dort vorerst nicht blicken. Er wurde aber in Abwesenheit von seinen Parteimitgliedern verteidigt. So wurden ihm von Rosenkranz „großes politisches Talent“attestiert. Er habe einen „fehlerfreien und staatsmännischen Wahlkampf“hingelegt. Es habe aber eben eine „nie dagewesene Hetzkampagne“gegeben.
„Die Wähler werden erkennen, dass man mir nur etwas anhängen will“, wurde Landbauer schon in den vergangenen Tagen nicht müde zu betonen. Von „durchschaubaren Manövern“war bei den Freiheitlichen immer wieder die Rede. In der Politik wurde der Ruf nach personellen Konsequenzen dennoch zunehmend lauter.
Einen Tag vor der Wahl wurde er unüberhörbar. Da sprach sich nämlich Bundespräsident Alexander Van der Bellen für einen Rücktritt aus. Ansonsten habe die FPÖ, wie er sagte, „ein Problem“.
Das brachte einen Stein ins Rollen. Der bewog offenbar Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die sich bisher in der Sache auffallend bedeckt hielt, klar Stellung zu beziehen: „Wer den Ruf Niederösterreichs schädigt, kann kein Partner sein“, sagte sie am Samstag und schloss damit erstmals eine Koalition „mit der Person Landbauer“, wie sie es formulierte, aus.
Mit dieser Wortwahl ließ sie sich eine Hintertüre offen. Immerhin hat Mikl-Leitner nie eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgeschlossen. Die wird sie angesichts der absoluten Mehrheit, die die ÖVP offenbar halten konnte, nun ohnehin nicht brauchen. In der FPÖ löste das aber schon im Laufe des Wahltages Spekulationen über die personelle Zukunft der Landespartei aus.
„Schließe nie irgendetwas aus“
Das Gerücht, dass die FPÖ nicht Landbauer, sondern Klubobmann Gottfried Waldhäusl als Landesrat nominieren könnte, machte die Runde. Kommentieren wollte das vorerst niemand. „Während einer laufenden Wahl beteiligen wir uns nicht an irgendwelchen Spekulationen“, hieß es gegenüber der „Presse“. Ein klares Dementi sieht anders aus.
Auch am Wahlabend gingen die Personalspekulationen weiter. Immerhin ist es dem Skandal rund um Landbauer zuzurechnen, dass die FPÖ nicht noch besser abschnitt. In den Meinungsumfragen lag man zum Teil über 20 Prozent. Außerdem wollten die Freiheitlichen der SPÖ den zweiten Platz streitig machen. Auch das ist nicht gelungen.
Dem Wunsch des Bundespräsidenten wollte am Wahlabend dennoch (noch) niemand nachkommen. „Van der Bellen sitzt in keinem einzigen freiheitlichen Gremium drinnen“, sagte Rosenkranz. Man werde das Ganze aber analysieren. Ausgeschlossen sei es allerdings nicht, dass der Sitz in der Landesregierung, den die Freiheitlichen durch den Proporz sicher haben, nicht an Landbauer geht. „Ich schließe nie irgendetwas aus“, sagt Rosenkranz.
Gremien tagen schon am Montag
Landeshauptfrau Mikl-Leitner bleibt, wie sie sagte, dabei: Mit Landbauer wolle sie nicht zusammenarbeiten. Allerdings bleibe ihre „Hand ausgestreckt“. Im freiheitlichen Klub verfolgte man diese Aussagen auf einer großen Leinwand. „Aha, das ist eine klare Ansage“, hörte man einen Funktionär sagen. Die Gremien werden in der FPÖ nun entscheiden. Das können sie schon heute tun. Denn der traditionell blaue Montag fällt aus. Es gibt einiges zu besprechen. Die Wahl ist zwar gerettet, aber das Problem bleibt.