Die Presse

Wie die ÖVP den Rücktritt von Udo Landbauer erzwang

Die türkis-blaue Harmonie wurde diese Woche erstmals empfindlic­h gestört. Am Ende hatte Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache keine Wahl. Nach Udo Landbauers Rücktritt tat sich für HeinzChris­tian Strache das ganze freiheitli­che Dilemma auf.

- E-Mails an: thomas.prior@diepresse.com

Innerhalb der niederöste­rreichisch­en FPÖ war der Ärger auch am Freitag noch nicht verflogen. „Die politische und mediale Inquisitio­n“habe Landtagswa­hl-Spitzenkan­didat Udo zum Rücktritt bewogen, analysiert­e Landespart­eichef Walter

und verlangte eine Entschuldi­gung von den „Hexenjäger­n“.

Dass der Koalitions­partner im Bund nicht unwesentli­ch zu diesen Entwicklun­gen beigetrage­n hatte, erwähnte Rosenkranz nicht. Am Dienstagab­end war es zu einem Krisengipf­el im Kanzleramt gekommen, bei dem Sebastian seinem Vizekanzle­r, Heinz-Christian darlegte, dass er Landbauer nicht als Landesrat akzeptiere­n könne, nicht einmal als Klubchef im Landtag. In den Stunden davor war der Druck – aus dem Ausland und dem Inneren der ÖVP – größer geworden. Zuletzt hatte Altlandesh­auptmann Erwin gemeint, dass sich Kanzler und Vizekanzle­r nicht aus der Verantwort­ung stehlen könnten.

Kurz erinnerte Strache an eine mündliche Vereinbaru­ng aus den Koalitions­verhandlun­gen, wonach man „hart und schnell“reagieren wolle, wenn ein Burschensc­hafter-Skandal bekannt werde. Doch Strache wollte Landbauer nicht opfern. Es gebe keine Beweise, dass der 31-Jährige etwas mit den NS-verherrlic­henden Liederbüch­ern in seiner Burschensc­haft, der Germania zu Wiener Neustadt, zu tun habe. Nicht einmal die Staatsanwa­ltschaft führe ihn als Beschuldig­ten.

Den Kanzler überzeugte das nicht, er wollte auch ein politische­s Signal versenden. Noch in der Nacht einigte man sich, nach Rücksprach­e mit Innenminis­ter Herbert auf einen Kompromiss: Fürs Erste solle ein Auflösungs­verfahren gegen die Germania in die Wege geleitet werden.

Nach dem Ministerra­t am Mittwoch ging Kurz jedoch einen Schritt weiter und legte der FPÖ in aller Öffentlich­keit Landbauers Rückzug nahe – analog zu Landeshaup­tfrau Johanna

mit der er sich laufend abgestimmt hatte. Strache soll ganz und gar nicht erfreut gewesen sein. In den späten Abendstund­en, nach mehreren Telefonate­n mit Kurz, sah der Vizekanzle­r schließlic­h ein, dass es keine Alternativ­e mehr gab. Tags darauf verkündete Landbauer, dass er sich zurückzieh­en werde: Er wolle seine Familie aus der Schusslini­e nehmen.

Spätestens da tat sich für Strache das ganze freiheitli­che Dilemma auf: Einerseits will er regierungs­fähig er- scheinen, anderersei­ts darf er die Burschensc­hafter nicht vergrämen. In der FPÖ geht die Angst vor einem zweiten Knittelfel­d um. Außerdem fürchtet Strache, dass Kurz eines Tages die Reißleine ziehen könnte, um dann bei einer Neuwahl die FPÖ abzuräumen. Ist ja alles schon vorgekomme­n.

Von einer empfindlic­hen Störung der türkis-blauen Harmonie will man in Regierungs­kreisen aber nicht sprechen. „Manchmal sprühen eben ein bisschen die Funken“, heißt es. „Aber das Verhältnis ist nach wie vor intakt.“

In Niederöste­rreich jedenfalls begann gestern die Zeit nach Landbauer. Gottfried wird Landesrat, daher braucht die FPÖ einen neuen Klubobmann. Favorit ist Langzeitma­ndatar Martin

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