Wie die ÖVP den Rücktritt von Udo Landbauer erzwang
Die türkis-blaue Harmonie wurde diese Woche erstmals empfindlich gestört. Am Ende hatte Vizekanzler Heinz-Christian Strache keine Wahl. Nach Udo Landbauers Rücktritt tat sich für HeinzChristian Strache das ganze freiheitliche Dilemma auf.
Innerhalb der niederösterreichischen FPÖ war der Ärger auch am Freitag noch nicht verflogen. „Die politische und mediale Inquisition“habe Landtagswahl-Spitzenkandidat Udo zum Rücktritt bewogen, analysierte Landesparteichef Walter
und verlangte eine Entschuldigung von den „Hexenjägern“.
Dass der Koalitionspartner im Bund nicht unwesentlich zu diesen Entwicklungen beigetragen hatte, erwähnte Rosenkranz nicht. Am Dienstagabend war es zu einem Krisengipfel im Kanzleramt gekommen, bei dem Sebastian seinem Vizekanzler, Heinz-Christian darlegte, dass er Landbauer nicht als Landesrat akzeptieren könne, nicht einmal als Klubchef im Landtag. In den Stunden davor war der Druck – aus dem Ausland und dem Inneren der ÖVP – größer geworden. Zuletzt hatte Altlandeshauptmann Erwin gemeint, dass sich Kanzler und Vizekanzler nicht aus der Verantwortung stehlen könnten.
Kurz erinnerte Strache an eine mündliche Vereinbarung aus den Koalitionsverhandlungen, wonach man „hart und schnell“reagieren wolle, wenn ein Burschenschafter-Skandal bekannt werde. Doch Strache wollte Landbauer nicht opfern. Es gebe keine Beweise, dass der 31-Jährige etwas mit den NS-verherrlichenden Liederbüchern in seiner Burschenschaft, der Germania zu Wiener Neustadt, zu tun habe. Nicht einmal die Staatsanwaltschaft führe ihn als Beschuldigten.
Den Kanzler überzeugte das nicht, er wollte auch ein politisches Signal versenden. Noch in der Nacht einigte man sich, nach Rücksprache mit Innenminister Herbert auf einen Kompromiss: Fürs Erste solle ein Auflösungsverfahren gegen die Germania in die Wege geleitet werden.
Nach dem Ministerrat am Mittwoch ging Kurz jedoch einen Schritt weiter und legte der FPÖ in aller Öffentlichkeit Landbauers Rückzug nahe – analog zu Landeshauptfrau Johanna
mit der er sich laufend abgestimmt hatte. Strache soll ganz und gar nicht erfreut gewesen sein. In den späten Abendstunden, nach mehreren Telefonaten mit Kurz, sah der Vizekanzler schließlich ein, dass es keine Alternative mehr gab. Tags darauf verkündete Landbauer, dass er sich zurückziehen werde: Er wolle seine Familie aus der Schusslinie nehmen.
Spätestens da tat sich für Strache das ganze freiheitliche Dilemma auf: Einerseits will er regierungsfähig er- scheinen, andererseits darf er die Burschenschafter nicht vergrämen. In der FPÖ geht die Angst vor einem zweiten Knittelfeld um. Außerdem fürchtet Strache, dass Kurz eines Tages die Reißleine ziehen könnte, um dann bei einer Neuwahl die FPÖ abzuräumen. Ist ja alles schon vorgekommen.
Von einer empfindlichen Störung der türkis-blauen Harmonie will man in Regierungskreisen aber nicht sprechen. „Manchmal sprühen eben ein bisschen die Funken“, heißt es. „Aber das Verhältnis ist nach wie vor intakt.“
In Niederösterreich jedenfalls begann gestern die Zeit nach Landbauer. Gottfried wird Landesrat, daher braucht die FPÖ einen neuen Klubobmann. Favorit ist Langzeitmandatar Martin