Merkel muss weg! Abwägende Würdigung einer Spalterin
Griechenland, Ukraine, Migration: Angela Merkel war in keiner dieser Krisen diejenige, die zusammengeführt hätte.
G anz im Ernst, ich mag Angela Merkel. Wenn sie einmal lächelt, ist dieses Lächeln bezaubernd. Sie zieht mehrmals dasselbe Gewand an, die Einrichtung ihrer Wohnung brauche ich mir nicht vorzustellen. Im Gegensatz zu einigen ihrer osteuropäischen Widersacher bereichert sie sich nicht. Das ist mehr als eine Sekundärtugend. „Du sollst nicht stehlen“ist auch ein Gebot.
Merkel stellt mit ihrer Raute ein Muster an bürgerlicher Solidität dar, in Wirklichkeit ist sie unberechenbar. Mir ist kein Thema bekannt, zu dem sie nicht mindestens einmal die Meinung geändert hätte. Sie trat als wirtschaftsliberale Reformerin an und machte in zwölf Jahren Kanzlerschaft keine einzige Reform. Sie stieg aus dem Atomausstieg aus, um über Nacht aus der Atomenergie auszusteigen – mit enormen Verwerfungen. Bevor sie sich ans „Retten“machte, ließ sie lange Monate die Aasgeier über Griechenland kreisen – die Welt musste auf Landtagswahlen in NRW warten.
Ihr unbegreiflichster Meinungsumschwung galt der Migration. 2010 verkündete sie: „Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!“Noch im Juli 2015 verteidigte sie vor einem weinenden palästinensischen Mädchen dessen Abschiebung: „Das ist manchmal auch hart, Politik.“Was geschah nur im September 2015? Wurde die Kanzlerin von einem christlichen Sentiment ihrer Kindheit im roten Pfarrhaus übermannt? Ließen ihr die volkserzieherischen deutschen Medien keine Wahl? Ich persönlich versuche, an ein christliches Motiv zu glauben. Ihr Entschluss war so stur und folgenschwer, dass er leichter hinzunehmen ist, wenn man sich eine Berührung durch Gottes Barmherzigkeit vorstellt.
All dies wäre eine Privatsache der Deutschen, fiele der deutschen Kanzlerin nicht auch die Rolle des europäischen Hegemons zu. Helmut Kohl wurde in Straßburg mit einem ersten „europäischen Staatsakt“verabschiedet. Könnte man nicht auf ähnliche Weise ein erstes „europäisches Impeachment“anstrengen? Ich jedenfalls kenne etliche Europäer, die nicht von Merkel regiert werden wollen. U nsere Zeitungen schreiben indessen weiter, Merkel wäre ein Fels in der Brandung. Auch wenn von ihr kein einziger Impuls zur Demokratisierung und Abwählbarkeit der EU-Politik gekommen ist, gilt sie als „proeuropäisch“. Den toxischen Krediten der Finanzkrise fügte sie ihre toxische Sprachfigur von der „Alternativlosigkeit“hinzu. Wählengehen ist dann sinnlos. Unsere Zeitungen loben sie immer noch für ihre Entschiedenheit im Ukraine-Konflikt. Gewiss hätte nur ein großer Staatsmann diesen Krieg abzuwenden vermocht, sie aber ließ dem Verhängnis seinen Lauf und verlängert seither mechanisch die Sanktionen – mit Schäden in dreifacher Milliardenhöhe.
Wenn ich zusammenrechne, wurde die EU in diesem Jahrzehnt bereits von drei großen Krisen geschüttelt: Griechenland spaltet uns in Süd und Nord, die Ukraine quer durch den Kontinent, die Migration in Ost und West. Angela Merkel war in keiner dieser Krisen diejenige, die zusammengeführt hätte.
Ich halte sie dennoch für keinen schlechten Menschen. Sie hat die CDU entkernt, ist immer mit dem Strom geschwommen, doch lässt sie sich immerhin nicht von den niedrigsten Instinkten treiben. Sie ist demokratisch legitimiert, Deutschland zu führen. Von der Führung Europas sollte sie ferngehalten werden.