Der Zebrastreifen als Beobachtungsposten
Ein von Forschern des Austrian Institute of Technology (AIT) mitentwickeltes Kamerasystem analysiert Bewegungslinien und die Anhaltebereitschaft von Fahrzeuglenkern. Es soll Schutzwege sicherer machen.
Er startete seine Laufbahn bei Arsenal Research, 13 Jahre ist das jetzt her. Denkt Peter Saleh, Forscher am Austrian Institute of Technology (AIT) an den Start seiner akademischen Laufbahn zurück, assoziiert er sie vor allem auch mit einer körperlichen Überwindung: Wind und Wetter zu trotzen, war all die Jahre gefragt. „Immer wieder stehen Messmarathons auf dem Programm“, erzählt der Verkehrssicherheitsplaner. Das können Schallmessungen für besonders lärmgeplagte Gemeinden sein. Aber auch Messungen zu Unfallszenarien.
Salehs erstes großes Projekt vor gut einem Jahrzehnt galt der Zweiradsicherheit. „Wir untersuchten, wie Kurvenradien die Unfallzahlen beeinflussen“, sagt Saleh. Heute schaffen es AIT-Forscher sogar, aus Kameradaten brenzlige Situationen – auch Beinahe-Unfälle – auszulesen. Maßnahmen wie reduzierte Fahrgeschwindigkeit oder bauliche Ände- rungen können dann dort umgesetzt werden, wo sie sinnvoll sind.
Gelegenheit, daraus ein Produkt, die „Mobility Observation Box“, zu entwickeln, bot sich im vom Technologieministerium geförderten Projekt „Observe“. Die schuhkartongroße Datenbox misst per Kamera, Miniprozessor und Bildanalysesoftware die Anhaltebereitschaft von Fahrzeugen an Schutzwegen. Sie soll Straßenerhaltern und Kommunen Klarheit über die Gefahrenlage einzelner Standorte liefern.
Die Software analysiert in den aufgezeichneten Bildern die Bewegungslinien von Fahrzeugen und Fußgängern. „Durch längerfristige Beobachtung des Schutzwegs liefert die Box so ein realistisches Bild der Gefahrenlage“, erklärt Peter Saleh. Erste Tests gab es in Wien und Graz. Über 50 Schutzwege unterschiedlichen Bautyps, darunter solche mit Fahrbahnaufdoppelung, also höher gelegtem Fahrstreifen, wurden evaluiert.
Dazu montierten die Forscher vor Ort die Analyseboxen an Lichtmasten, wie es bald schon Käufer der Box tun sollen. Pro Standort entstanden 70 Stunden Videomaterial. „Um die Anhaltebereitschaft zu errechnen, ermittelten wir den Kreuzungsmittelpunkt“, heißt es im Projektteam. Am Ende gab es handfeste Fakten, welcher Schutzweg sicher ist. Nach welchen Kriterien der vom AIT entwickelte Auswertungsalgorithmus anschlagen
ereigneten sich im Zeitraum 2000 bis 2015 im Durchschnitt pro Jahr auf Österreichs Schutzwegen. 369 Unfälle passierten dabei auf geregelten, 717 auf ungeregelten Schutzwegen.
sind im Vorjahr auf Schutzwegen in Österreich tödlich verletzt worden. Ein Jahr zuvor waren es 23 tödlich Verletzte, wie aus der Unfallstatistik des Bundesministeriums für Inneres hervorgeht. soll, entscheidet aber letztlich der Nutzer. „Ein Pkw, der noch einmal beschleunigt hat, obwohl der Schutzweg schon betreten war, fiel für uns in die Kategorie Gefährder“, sagt Saleh.
Das Resümee: Bis auf wenige Ausnahmen gelang es, die Fahrund Laufwege richtig vorherzusagen. Probleme kann das Wetter bereiten: Dichter Schneefall oder Nebel sind nicht optimal. Mitunter dauerte die Suche nach einer guten Kameraposition auch länger: „Busse oder Lkw schränken die Sicht unter Umständen ein“, sagt Oliver Sidla, Geschäftsführer des am Projekt beteiligten Grazer Ingenieurbüros SLR Engineering.
Box und Auswertealgorithmus sollen noch heuer auf den Markt kommen. Eine Schnittstelle ins Mobilfunknetz könnte Ferndiagnosen zulassen. Derzeit zieht man die Daten per USB-Schnittstelle und wertet sie am Computer aus. Zum Probebetrieb lädt die Wiener Seestadt. 2019 soll dort ein autonom fahrender Bus den Linienbetrieb aufnehmen.