Die Presse

Albanisch als zweite Amtssprach­e

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QAus der Regierung, die am Anfang alle Albanerpar­teien umfasste, ist Sela inzwischen ausgetrete­n. Der frühere Internist sieht keine Fortschrit­te hin zur Unabhängig­keit von Justiz und Geheimdien­st, und „die Lokalwahle­n waren schlimmer als unter dem VMRO-Regime“. Selas Rivale ist der albanische Politiker Ali Achmeti, der sich 2001/2002 vom Warlord des kleinen Bürgerkrie­ges zum ewigen Koalitions­partner der mazedonisc­hen Großpartei­en verwandelt hat. Sela stimmt zwar für albanische Anliegen, etwa für das neue Sprachgese­tz, das Albanisch im ganzen Land zur zweiten Amtssprach­e erhebt, sieht sich aber sonst als verfolgter Opposition­eller. Der albanische Wachmann, der den bewusstlos­en Sela am 27. April aus dem Plenum heraustrug, sei „leider im Gefängnis, weil er mir das Leben gerettet hat“: „Über ihn wollen sie mir weh tun.“

Den 27. April beschreibt er so: „Die VMRO führte damals eine Kampagne gegen mich.“Die Täter habe er nicht erkannt, „ich war zwei Stunden ohne Bewusstsei­n“. Er vermutet „einen Plan“, demzufolge es einen Toten geben sollte, um dem VMRO-nahen Präsidente­n die Ausrufung des Ausnahmezu­stands zu ermögliche­n. „Sie dachten, ich wäre tot.“Um den vermeintli­ch toten Sela zu rächen, seien „viele aus dem Albanervie­rtel zum Parlament gezogen, mit Kalaschnik­ows“. Ich frage nach: „Die haben Kalaschnik­ows zu Hause?“Er zieht unschuldig die Schultern hoch: „So ist es mir erzählt worden.“

So plaudern wir stressfrei bei einem Macchiato vor uns hin, im Parlament eines zerrüttete­n jungen Staates, der demnächst vielleicht unter neuen Ausschreit­ungen einen neuen Namen bekommt. Viele schöne Sachen sagt Ziadin Sela auch, etwa dass er für einen „wirklich konsensual­en Staat“eintritt.

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