Zyperns Präsident verteidigt sein Amt
Stichwahl. Nach harten Sparmaßnahmen konnte das Land unter der Führung des konservativen Nikos Anastasiades den EU-Rettungsschirm verlassen. Er verspricht einen weiteren Aufschwung.
Zyperns Präsident Nikos Anastasiades von der konservativen Partei (Disy) hat sich bei der gestrigen Stichwahl ums Präsidentenamt durchgesetzt. Nach ersten Exit-Polls kam Anastasiades auf 54,5 bis 59,5 Prozent der Stimmen.
Der Präsident hatte eine Woche zuvor den ersten Wahlgang überraschend knapp gewonnen. Zehn Prozentpunkte Vorsprung hatte man prognostiziert, mit 35,5 Prozent waren es dann nur fünf. Für viele überraschend war auch sein Gegner in der Stichwahl am gestrigen Sonntag: Stavros Malas, Kandidat der linksgerichteten Akel.
Verärgerung über die Politik
550.000 Zyprioten waren in der Stichwahl wahlberechtigt, in der ersten Runde blieben jedoch mehr als 28 Prozent zu Hause. Nach dem Bankenkrach 2013 und den harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre sind die Bürger nicht gut auf die heutige Politikergarde zu sprechen. Nur drei Prozent sind etwa bei Umfragen der Meinung, dass Anastasiades ein guter Präsident gewesen sei, von seinem Vorgänger Dimitris Christofias von Akel glauben das gar nur zwei Prozent. Wer die Stichwahl gewinnen wollte, musste zunächst einmal die Menschen für sich mobilisieren.
Zypern ist eine Präsidialrepublik, das heißt der Präsident bildet die Regierung. In seiner ersten Amtszeit koalierte Anastasiades ein Jahr lang mit der Demokratischen Partei (Diko) von Nikolas Papadopoulos. Diko zog sich wegen Differenzen in der Zypernfrage aus der Regierung zurück. Papadopoulos wollte keine Wahlempfehlung für die zweite Runde abgeben; jetzt weiß man, wem seine Wähler letztlich mehr Vertrauen schenken. In Wirtschaftsfragen steht Diko den Konservativen näher, in der Zypernfrage sind der Partei sowohl Konservative als auch Linke zu nachgiebig. Überraschend stark in der ersten Runde war Christos Christou gewesen, Kandidat der rechtsradikalen „Nationalen Volksfront“, der Schwesterpartei der neonazistischen Goldenen Morgenröte in Griechenland. Er erreichte 5,7 Prozent, zwei Prozent mehr als bei den Parlamentswahlen des Jahres 2016.
Anastasiades kann seinen Wählern eine Erfolgsgeschichte präsentieren: Nach harten Spar- maßnahmen in den Jahren 2013 und 2014 konnte das Land unter seiner Führung den europäischen Rettungsschirm verlassen, die Arbeitslosigkeit ging auf zehn Prozent zurück und das Wirtschaftswachstum im Jahr 2017 betrug mehr als drei Prozent. Darauf setzt Anastasiades und verspricht für seine zweite Amtsperiode weitere Arbeitsplätze und einen weiteren Wirtschaftsaufschwung.
Umstrittene Privatisierungen
Doch die Einkommen der Zyprioten sind in den letzten Jahren um durchschnittlich 15 Prozent geschrumpft. Tausende verloren einen Teil ihrer Sparguthaben, als die Cyprus Popular Bank abgewickelt und die Bank of Cyprus rekapitalisiert wurde. Akel-Kandidat Malas prangerte die Aushöhlung des Sozialstaates in der Folge der Krise an und warnte vor dem Verlust von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor. Zypern musste auf Drängen der Gläubiger-Troika einem Privatisierungsprogramm zustimmen, das mit großer Verspätung realisiert wird. Erst dieser Tage wurde die staatliche Fluggesellschaft Cyprus Airways abgewickelt. Die Linkspartei hat sich ge- gen weitere Verstaatlichungen ausgesprochen. Kandidat Malas peilte das „schwedische Modell“als Vorbild an.
Für viele im Land ist Dimitris Christofias von Akel, der 2008 bis 2013 Präsident war, für den Zusammenbruch der Wirtschaft verantwortlich. Das gute Abschneiden von Akel vor einer Woche war daher überraschend. Doch Gentechniker Malas ist kein Berufspolitiker, nach seinem ersten Scheitern als Präsidentschaftskandidat gegen Anastasiades im Jahr 2013 zog er sich wieder von der politischen Bühne zurück. Er ist daher für viele unzufriedene Wähler immer noch ein neues Gesicht, dem zugetraut wurde, die Veränderungen durchzusetzen, die er verspricht.
Akel kritisierte in den letzten Monaten scharf das „einseitige Wachstumsmodell“der Regierung Anastasiades, das auf den unproduktiven Bau- und Immobilienmarkt setzt. Sie werfen der Regierung vor, dass sie eine „Blase“erzeugt, die bald platzen wird. In der Zypernfrage allerdings liegen Konservative und Linke auf einer Linie. Sie treten für einen bizonalen Bundesstaat der türkischen und griechischen Zyprioten ein.