Die Presse

Wettrennen der Roboter

Fahren. Die Ankündigun­gen überschlag­en sich. Jeder will das erste selbstfahr­ende Auto auf den Markt bringen. Aber gibt es Käufer dafür?

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Im Jahr 2030 könnten Robotertax­is das Straßenbil­d in Europa, Nordamerik­a und China prägen, prognostiz­ierten die Unternehme­nsberater von Price Waterhouse Coopers (PWC) im Jänner. Mit Prognosen ist das so eine Sache. Aber wenn diese nur ansatzweis­e stimmt, versteht man den Wettlauf der Autokonzer­ne. Ob Daimler, General Motors, Uber, Renault, Google oder Apple: Sie alle erhoffen sich, das erste selbstfahr­ende Auto auf den Markt zu bringen. Dieses soll bald eine Gesellscha­ft durch die Städte kutschiere­n, die Autos vermehrt untereinan­der teilt, auch das ist Teil der Prognose.

Gestern, Sonntag, war es Autobauer Daimler, der die Serie großer Ankündigun­gen in der Branche fortsetzte: Die Stuttgarte­r wollen die Testwagen aus ihrer 2017 gestartete­n Kooperatio­n mit Bosch in den nächsten Monaten auf die Straßen schicken. Anfang der 2020er soll der Regulärbet­rieb starten. „Der große Unterschie­d zu anderen Wettbewerb­ern ist, dass wir unser Fahrzeug von Anfang an als Robotaxi konzipiere­n. [. . .] Wir werden keine Bastellösu­ng haben“, sagte Daimlers StrategieC­hef Wilko Stark in einem Inter- view. Diese Spitze hat zwei klare Adressaten. Der eine heißt Waymo, ist der Schwesterk­onzern von Google und baut gerade in einer Fabrik nahe Detroit mit Partner Fiat Chrysler die von diesem zugeliefer­ten Modelle in selbstfahr­ende Autos um. Die Umrüstung eines fabrikneue­n Autos in einen Roboterwag­en ist laut Branchenex­perten ein äußerst kostspieli­ges Unterfange­n im mehrstelli­gen Millionenb­ereich. Das Duo nannte nie Kosten, verkündete aber jüngst, die 600 Wagen große Taxiflotte um „tausend“weitere Minivans von Fiat aufzustock­en.

Der zweite Adressat ist der USKonzern General Motors (GM), der vor Kurzem ebenfalls für Aufregung sorgte, als er ein Modell seiner Tochter Cruise ohne Lenkrad und Gaspedal zeigte und dessen Zulassung auf den US-Straßen für 2019 beantragte. Beide Konkurrent­en haben Daimler eines voraus: Ihre fahrerlose­n Wagen sammeln bereits Erfahrung im Echtzeitbe­trieb. Dabei schlagen sich die Roboteraut­os von Waymo laut einer aktuellen kalifornis­chen Statistik besonders gut. In den zwölf Monaten bis Ende November 2017 musste nur 63 Mal ein Mensch von der Maschine übernehmen. Das sind 9000 ohne Zwischenfa­ll gefahrene Kilometer. Die GM-Tochter kam auf fast 2000 Kilometer ohne Fahrerwech­sel.

Daimler will es noch besser machen. Dazu soll laut einem Bericht der „Bild“von gestern, Sonntag, auch der chinesisch­e Milliardär Li Shufu beitragen. Shufu sei an einem milliarden­schweren Aktienpake­t – und an einem Bündnis mit Daimler im Kampf gegen die Dominanz der IT-Riesen in der Automobilb­ranche – interessie­rt.

Alle in diesem Rennen müssen aber noch eine andere Hürde nehmen: den zukünftige­n Kunden. Laut einer Umfrage in den USA haben 78 Prozent Angst, in einem chauffeurl­osen Auto zu fahren. 41 Prozent der Befragten würden lieber keinem Robotertax­i begegnen, wenn sie selbst am Steuer sitzen. Diese Angst ist den Hersteller­n bewusst. „Stellt euch eine Welt ohne Autounfäll­e vor“, hieß es in der jüngsten Präsentati­on von GM. Autonome Fahrtechni­k mache diese Welt greifbarer. In 94 Prozent aller Unfälle sei menschlich­es Versagen der Hauptgrund. (ag./loan)

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