„Korrektur von zehn Prozent wäre noch keine Trendwende“
Märkte. Aktien, Anleihen und Bitcoin haben in der vergangenen Woche nachgegeben. Warum das – noch – nicht gefährlich ist.
Wer erst im Vorjahr in den Aktienmarkt eingestiegen ist, erlebte vergangene Woche etwas Neues, lange nicht mehr Dagewesenes: Die Aktienkurse fielen stark. Am Freitagnachmittag schickten sich die weltweiten Börsen an, den höchsten wöchentlichen Verlust seit Ende 2016 hinzulegen. Zuvor war der Weltaktienindex MSCI World zehn Wochen in Folge nur angestiegen. Es war die längste Gewinnstrecke seit 1999, die nun gerissen ist. Am vergangenen Dienstag gab der Dow Jones gar um 1,4 Prozent nach. Einen so hohen Verlust an nur einem einzigen Tag hatten die Anleger an der Wall Street zuvor seit acht Monaten nicht mehr gesehen.
Zugleich sprang die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen auf mehr als 2,8 Prozent, den höchsten Stand seit 2014. Steigende Renditen bedeuten fallende Kurse. Ähnlich ging es an anderen Märkten zu, etwa in Deutschland: Dort stieg die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf 0,75 Prozent und lag zuletzt um fast ein Drittel höher als zu Jahresbeginn.
Doch nicht nur Aktien und Anleihen purzelten nach unten, auch Bitcoin, die größte und älteste Kryptowährung, fiel am Freitagnachmittag zeitweise unter 8000 Dollar und damit auf ein Zweieinhalbmonatstief. Im Dezember hatte Bitcoin noch an der 20.000-Dollar-Grenze gekratzt.
All das sind freilich weniger die Anzeichen für ein Ende der Rallye, sondern eher dafür, wie ungewöhnlich die vergangenen Monate waren, und zwar sowohl wegen ihrer geringen Volatilität als auch wegen der stetigen Anstiege an den meisten Märkten.
Grund für die jüngste Korrektur sind die Erwartungen einer strafferen Geldpolitik der Notenbanken. Habe man bislang mit drei Zinsschritten im laufenden Jahr (Juli, September und Dezember) gerechnet, so preise der Markt inzwischen mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen Zinsschritt bereits im März ein, stellte RBI- Chefanalyst Peter Brezinschek fest. In der Eurozone dürfte es den ersten Zinsschritt erst im März 2019 geben, danach dürfte es alle drei Monate um weitere 0,25 Prozentpunkte nach oben gehen, bis ein Prozent erreicht sei.
Eine wirkliche Gefahr für die Aktienmärkte stelle das kaum dar. Dass es heuer turbulenter zugehen wird als im Vorjahr, sei wahrscheinlich, weil es im Vorjahr extrem ruhig war. Lediglich im Sommer sei es leicht nach unten gegangen. Heuer seien auch wieder Korrekturen von zehn bis 15 Prozent möglich. Ein Alarmzeichen sei das noch nicht.
Zum einen gebe es trotz der etwas höheren US-Zinsen kaum Alternativen zu Aktien. So liege die Rendite zehnjähriger österreichischer Anleihen derzeit bei 0,84 Prozent. Im vergangenen Dezember waren es 0,5 Prozent. Für das Jahresende prognostiziert Brezinschek 1,2 Prozent. Das würde noch immer um ein Prozent unter der Inflationsrate liegen. Zum anderen sei das Wirtschaftswachstum äußerst stabil. Der gegenwärtige Zyklus verlaufe viel flacher und könnte daher noch bis 2020 oder darüber hinaus anhalten. Gefahren könnten am ehesten von der Renditeseite – also von den Anleihen – her kommen. Wenn sich hier etwas Gröberes tue, werde dies auch den Aktienmarkt nicht kalt lassen.
Den europäischen Märkten macht derzeit auch der starke Euro zu schaffen. Der sei aber gar nicht so schlimm. Die Bedeutung des Wechselkurses für die Außenwirtschaft werde oft überschätzt, meint Brezinschek. Viel wichtiger sei die Konjunktur in den Absatzmärkten, und für die sei ein starker Euro unter Umständen sogar nützlich. Eine US-Zinserhöhung könnte zudem wieder Druck aus dem Wechselkurs herausnehmen.