Behörde muss Akten über früheres Sexleben vernichten
Privatsphäre. Frau kämpfte Jahre um ihre Privatheit.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat dem jahrelangen Kampf einer Frau um Löschung kompromittierender Unterlagen ein Ende bereitet. Der für die Frau positive Ausgang überrascht vielleicht weniger als der enorme argumentative Aufwand, mit dem das Bundesfinanzgericht ihn zu verhindern trachtete.
Die Frau war vor über zehn Jahren verdächtigt worden, illegal als Prostituierte zu arbeiten. Ein verdeckter Ermittler vereinbarte ein Rendezvous, sie empfing ihn in Dessous, die er ausgesucht hatte. Ein Verhör vor Augen und Ohren anderer Beamter über ihr Sexualleben folgte sofort. Und dann eine Anzeige beim Finanzamt.
Wie sich erst später herausstellte, dienten die Männerkontakte der – anderweitig ohnehin gut verdienenden Akademikerin – aber mitnichten der Erzielung von Einkünften. Sie wollte vielmehr in einer schwierigen Phase des Lebens „selbst auf ihre Rechnung kommen“. Der Versuch des Fiskus, die vergleichsweise geringen Geldzuwendungen von den Männern zu versteuern, scheiterte vor dem Verwaltungsgerichtshof kläglich: Es waren einfach keine gewerblichen Einkünfte.
Doch damit begann erst der Spießrutenlauf der Frau mit dem Ziel, die Akten über die Ermittlungen aus der Welt zu schaffen. Teile davon tauchten ihren Angaben zufolge sogar im Kanzleramt auf und sollen von dort international verbreitet worden sein.
In einem ersten Verfahren wandte sich die Frau an die Datenschutzkommission. Weil es ihr aber darum ging, den Papierakt vernichten zu lassen, war sie dort an der falschen Adresse. Der VfGH bestätigte, dass die Löschungsverpflichtung laut Datenschutzgesetz nur EDV-mäßig gespeicherte Daten umfasse.
Dreimal bei Höchstgerichten
Auch im zweiten Anlauf musste die Frau bis zum VfGH gehen, nachdem das Bundesfinanzgericht der Aktenvernichtung partout nicht zustimmen wollte. Es meinte, es drohten noch Verfahren von Amtshaftung bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, für die die Akten aufzubewahren seien. Tatsächlich ist aber ein Amtshaftungsverfahren durch „ewiges Ruhen“beendet, für andere Verfahren fehlt jeder Beleg. Für den VfGH hat das Interesse der Frau an der Vernichtung der Akten daher eindeutig Vorrang vor jenem der Behörden, sie aufzubewahren (E 3249/2016).