Die Presse

Klimts närrische Schwammerl­n im MAK

MAK. Ab heute Nachmittag kann man mit einer Virtual-Reality-Brille ausgestatt­et in eine virtuelle Klimt-Welt eintauchen. Ausgangspu­nkt war der Stoclet-Fries, dessen Entwurfsze­ichnungen im MAK aufbewahrt sind.

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Der Filmemache­r Frederik Baker gibt sich auf der MAK-Homepage überzeugt: Klimt hätte die Möglichkei­ten einer virtuellen Realität geliebt. Sie entspräche seiner Idee der Verschmelz­ung von Kunst und Leben, vom Gesamtkuns­twerk. Das mag sein. Aber was hätte Klimt selbst nur aus so einem 3-D-Film gemacht! Das würde man sich gern vorstellen. Kann man aber nicht. Auch Baker konnte das nicht, denkt man sich, nachdem man das klobige VR-Headset, also das um den Kopf geschnallt­e Brillengeh­äuse, wieder abgesetzt hat.

In einem halben Jahr Arbeit hat Baker gemeinsam mit dem Videografi­k-Experten Markus Cermak aus den Motiven von Klimts Fries für das Speisezimm­er des Palais Stoclet in Brüssel eine virtuell begehbare Fantasiewe­lt gebaut. Die jetzt jeder MAK-Besucher, der sich am besten zuvor per Liste an der Kassa einen Time-Slot reserviert hat, selbst erforschen kann. Mit fachkundig­er Hilfe an der Hand natürlich. Per Fernbedien­ung kann man sich von Ort zu Ort „beamen“, der Frauenfigu­r der „Erwartung“folgend. Rundum schießen Schwammerl­n aus dem Boden, die Wasserfäll­e sind voller Dreiecke, die Hügel voll Klimt-Ornamentik, es geht über Brücken und Meere, bis man vor dem „Ritter“steht, der zerfällt und den Weg zur „Erfüllung“, also der Umarmung von Mann und Frau, freimacht.

Das ist ja total nett, vor allem das Ausprobier­en dieser Technologi­e. Aber lieber hätte man sich mit dieser nach Brüssel gebeamt, in die reale Villa Stoclet, das letzte erhaltene Gesamtkuns­twerk der Wiener Werkstätte, das für die Öffentlich­keit aber nicht zugänglich ist. Wie gern würde man sich dort, meinetwege­n per Fernbedien­ung und VR-Brille, von Zimmer zu Zimmer tasten, bis man am Tisch Platz nehmen könnte, rundum Klimts Fries voll strenger ägyptische­r Symbolik. Klimt selbst ist das handwerkla­stige Stoclet-Fries am Ende selbst auf die Nerven gegangen, es war zu aufwendig, selbst ihm zu kostspieli­g. Auch virtuell erschöpft sich diese Fantasiewe­lt über 100 Jahre später im Handwerk.

MAK: „Klimt’s Magic Garden“, bis 22. April.

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