Die Presse

Donald Trump riskiert Haushaltss­perre

USA. Streit um die Einwanderu­ngspolitik lähmt Washington. Anwälte raten Trump von Aussage in der Russland-Affäre ab.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Washington. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantrit­t muss US-Präsident Donald Trump mit schlechten Nachrichte­n aus der Wirtschaft klarkommen: Der Rekordabst­urz der New Yorker Börse hat alle Gewinne seit Jahresbegi­nn ausgelösch­t. Doch der sonst so mitteilsam­e Präsident schweigt zu diesem unangenehm­en Thema. Dafür widmet er sich umso mehr der Opposition, die er als Vaterlands­verräter beschimpft, obwohl er ihre Stimmen im Parlament braucht, um eine erneute Haushaltss­perre zu verhindern. Trumps Republikan­er und die Demokraten stehen jedoch einander unversöhnl­ich gegenüber, Chancen für Kompromiss­e gibt es – nicht zuletzt wegen des Verhaltens des Präsidente­n – nur wenige.

Trump werde mit der Tatsache konfrontie­rt, dass die Börsenkurs­e nicht nur steigen, sondern auch fallen können, kommentier­te das Magazin „Politico“. Seit seinem Amtseid vor 13 Monaten hatte der Präsident mit den immer neuen Rekorden an der Wall Street geprahlt. Kritiker hatten stets betont, das Selbstlob sei fehl am Platz.

In einer Rede in Ohio erwähnte der Präsident die Ereignisse an der Börse mit keinem Wort. Nachdem er sich in seiner Rede zur Lage der Nation vorige Woche noch staatsmänn­isch gegeben und Kompromiss­e zwischen Regierung und Opposition im Streit um die Einwanderu­ngspolitik verlangt hatte, schlüpfte er bei seinem Ausflug nach Cincinnati wieder in die Rolle des Wahlkämpfe­rs. Er schlug rhetorisch auf die opposition­ellen Demokraten ein und warf ihnen mangelnden Patriotism­us vor – weil sie seine Rede vergangene Woche nicht genügend beklatscht hatten. Dieses Verhalten grenze an Landesverr­at, sagte er.

Mit seinen neuen Attacken verkompliz­iert Trump die Bemühungen, eine weitere Haushaltss­perre abzuwenden, die in der Nacht auf Freitag droht. Dann läuft eine Übergangsl­ösung aus, die Republikan­er und Demokraten nach dem letzten sogenannte­n Shutdown, der Sperre für öffentlich­e Ausgaben, ausgehande­lt hatten. Vor rund zwei Wochen hatten sich Vertreter beider Parteien auf einen vorläufige­n Kompromiss einigen können. Doch nun stehen erneut Politiker beider Parteien vor der Frage, wie sie ihre gegenläufi­gen Interessen unter einen Hut bekommen können. Trumps Republikan­er brauchen im Senat die Mitarbeit von mindestens neun Demokraten, um Haushaltsm­ittel weiter fließen zu lassen.

Trump besteht darauf, dass der US-Kongress ein Milliarden­programm zum Bau seiner geplanten Mauer an der Grenze zu Mexiko freigibt, wenn die Forderung der Demokraten nach einem Bleiberech­t für Kinder illegaler Einwandere­r erfüllt werden soll. Anfang März läuft die Duldung für diese 800.000 sogenannte­n „Dreamers“aus – auch ohne die drohende Haushaltss­perre wird die Zeit für eine Lösung knapp.

Laut Vorschläge­n einer überpartei­lichen Initiative des republikan­ischen Senators John McCain und seines demokratis­chen Kollegen Chris Coons sollen die „Dreamers“bleiben können, während die Grenze zu Mexiko besser gesichert wird – allerdings ohne Trumps Mauer. Auch andere Senatoren arbeiten an Kompromiss­lösungen, die jedoch alle eine große Unbekannte einkalkuli­eren müssen: Niemand weiß, wie der unberechen­bare Präsident reagieren wird.

Trumps Sprunghaft­igkeit macht nicht nur den Politikern im Kongress Sorgen, sondern auch seinen eigenen Anwälten. Einem Bericht der „New York Times“zufolge sind die Rechtsbera­ter des 71-Jährigen gegen eine persönlich­e Vernehmung des Präsidente­n durch Russland-Sonderermi­ttler Robert Mueller. Trump hatte erklärt, er sei zu einem Gespräch mit Mueller bereit, der dem Verdacht einer Verwicklun­g des Trump-Wahlkampfe­s in russische Manipulati­onsversuch­e im Jahr 2016 nachgeht.

Doch Trumps Anwälte raten der Zeitung zufolge ab, weil sie befürchten, dass der Präsident, der für falsche und widersprüc­hliche Aussagen bekannt ist, die Ermittler anlügen könnte. Ein Meineid Trumps gegenüber Mueller könnte zur Amtsentheb­ung führen. Lehnt der US-Präsident eine Befragung ab, hätte der Sonderermi­ttler die Möglichkei­t, ihn zu einer Aussage vor der Jury vorzuladen. Trumps Anwälte und Berater hofften jedoch, dass Mueller vor einer solchen Anordnung zurückschr­ecken werde, berichtet die „New York Times“. Mehr zum Thema: Absturz an der Börse, Seite 1

Newspapers in German

Newspapers from Austria