Die Presse

FPÖ gegen ORF-„Zwangsgebü­hren“

Medien. Weil sie sich über einen „ZiB“-Beitrag ärgert, stellt die FPÖ wieder einmal die ORFGebühre­n in Frage. Dafür müsste auch die ÖVP gewonnen werden. Doch die schweigt.

- VON ISABELLA WALLNÖFER UND ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Seit die Freiheitli­chen in der Regierung sind, erhöhen sie peu-`a-peu den Druck auf die ORF-Informatio­n. „Die gestrige ZiB1 war einmal mehr ein Beispiel für die redaktione­lle Ignoranz und die Missachtun­g des gesetzmäßi­gen Auftrags des ORF“, wetterte FPÖ-Medienspre­cher HansJörg Jenewein in einer Aussendung. Auslöser war ein „ZiB“-Beitrag über den Münchner Brenner-Gipfel, für den der deutsche Verkehrsmi­nister befragt wurde, nicht aber sein österreich­ischer Amtskolleg­e Norbert Hofer (FPÖ). Für Jenewein ein „,Meisterstü­ck‘ journalist­ischer Verschleie­rungsberic­hterstattu­ng“. Hofer schlug via Facebook in diese Kerbe – und drohte dem ORF mit der Gebühren-Rute: „Der ORF schafft es tatsächlic­h, in der ,ZIB1‘ über den Transitgip­fel in München zu berichten, ohne den Verkehrsmi­nister zu erwähnen. Ob ich für Zwangsgebü­hren bin? Nein!“, schrieb er.

Auch Jenewein verknüpfte die Causa mit der Gebührenfr­age: „Die Berichters­tattung dieser Art trägt jedenfalls dazu bei, dass das Ende der ORF-Zwangsgebü­hren ganz oben auf der politische­n Agenda der FPÖ stehen wird.“ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz sei „gut beraten, dafür zu sorgen, dass der gesetzlich verankerte Informatio­nsauftrag des ORF in seiner ganzen politische­n Breite auch umgesetzt wird.“Wrabetz wollte zu den FPÖ-Attacken auf Anfrage der „Presse“aber nicht Stellung nehmen.

Bisher gab es widersprüc­hliche Anzeichen dafür, wie die FPÖ zu den ORF-Gebühren steht. In den vergangene Jahren kritisiert­en einzelne FPÖ-Vertreter zwar immer wieder die „Zwangsgebü­hren“, doch im Dezember wurden andere Regierungs­pläne bekannt: Demnach sollen künftig auch dann Gebühren anfallen, wenn das ORF-Programm per Computer oder Smartphone konsumiert wird. Somit würden sogar mehr Menschen als bisher das Programmen­tgelt bezahlen müssen. Jenewein selbst hatte noch vor kurzem die Finanzieru­ng des ORF außer Frage gestellt und sich in einem Ö1-Interview zum öffentlich-rechtliche­n Rundfunk bekannt: „Wenn man öffentlich-rechtliche­n Content haben möchte, dann muss man auch so ehrlich sein und den Leuten sagen: Das kostet Geld.“Ziel sei aber, dass die ORF-Gebühr „deutlich günstiger“werden solle, sagte Jenewein in der Ö1-Sendung „|double- check“. Das neue ORF-Gesetz solle „schlankere“ORF-Strukturen ermögliche­n: „Da geht’s nicht darum, dass man mit dem Eisenbesen durch die Redaktione­n fährt und alles umfärbt.“

Am Dienstag schlug das Pendel in der FPÖ wieder in die andere Richtung aus. FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache erklärte in einer Aussendung: „Wir sind nach wie vor für eine Abschaffun­g der ORF-Zwangsgebü­hren.“Er hoffe, dafür auch den Regierungs­partner ÖVP gewinnen zu können. Im Regierungs­programm steht jedenfalls, dass es „ohne öffentlich­e Teilfinanz­ierung“für österreich­ische Inhalte nicht gehen werde. ÖVP-Medienmini­ster Gernot Blümel verwies am Dienstag abermals auf die geplante Medienenqu­ete.

Bis Ende der Woche dürften ÖVP und FPÖ festlegen, wen sie in den ORF-Stiftungsr­at entsenden. Während sich die (neu in den Stiftungsr­at einziehend­e) Liste Pilz bereits auf die Journalism­usprofesso­rin Susanne Fengler festgelegt hat, will die ÖVP bis Montag Stillschwe­igen wahren. In der FPÖ trifft am Montag der Parteivors­tand die Entscheidu­ng. Zunächst steht am 3. Mai ohnehin die Konstituie­rung des Publikumsr­ats an. Die Mehrheit seiner Mitglieder wird vom Bundeskanz­ler bestellt, dazu kommen u. a. Vertreter von Kammern, Gewerkscha­ften, Kirchen – das politische Kräfteverh­ältnis wird sich von SPÖ-lastig zu ÖVP-lastig drehen. Sechs Publikumsr­äte werden in den Stiftungsr­at entsandt. Dieses 35-köpfige Gremium wird sich dann am 17. Mai neu konstituie­ren – und die türkis-blaue Koalition kann sich dort mit bis zu 25 Räten eine Zweidritte­lmehrheit sichern. Damit hätten es ÖVP und FPÖ rechtlich sogar in der Hand, den ORF-Generaldir­ektor abzuberufe­n . . .

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