Traum von der U-Bahn ins Grüne
Niederösterreich prüft, wo die U-Bahn aus Wien herausfahren könnte, Wien ist skeptisch.
Es ist eine Geschichte, die schon seit Jahren immer wieder auftaucht – dass die Wiener U-Bahn über die Stadtgrenzen hinaus ins niederösterreichische Umland verlängert werden soll. Die Geschichte des schnellen Scheiterns dieser Ideen ist allerdings ebenso lang. Im mittlerweile vergangenen niederösterreichischen Landtagswahlkampf wurde das Thema allerdings wieder aufgenommen – und im Rahmen eines „Mobilitätspakets“von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) forciert.
Konkret werden unter der Gesamtkoordination von Verkehrsplaner Friedrich Zibuschka die Verlängerungsmöglichkeiten in alle (von Wien aus gesehen) Himmelsrichtungen geprüft. Und das, so heißt es aus dem Büro von Verkehrslandesrat Karl Wilfing (ÖVP), sei auch der qualitative Unterschied zu den bisherigen Debatten. Dass nämlich sämtliche Potenziale an Fahrgästen, mögliche Trassenführungen und auch Kosten untersucht werden sollen.
„Die Debatte über Verlängerungen gibt es tatsächlich schon lange“, sagt Zibuschka zur „Presse“. Nun sei man aber schon um einiges konkreter unterwegs. Es werde geprüft, wie hoch die Kosten sind, wo Tunnel kommen müssten, wo Trassenhochlagen möglich seien, welche Kosten dies verursachen würde und wie hoch mögliche Passagierzahlen seien. Das sei aber noch keine Detailplanung, sondern eine grundsätzliche Darstellung aller Möglichkeiten. Es werde bis nach Ostern dauern, bis die Studie fertig sei.
Analysiert werden die Möglichkeiten für alle U-Bahnen, die ins Umland führen können: Das sind die U1 im Norden und Süden, irgendwann möglicherweise die U2 über Aspern hinaus, die U3 über Simmering hinaus Richtung Schwechat und womöglich sogar zum Flughafen, die U4 über Hütteldorf Richtung Westen, aber auch über Heiligenstadt nach Klosterneuburg hinaus. Auch die U6 könnte im Norden verlängert werden, vor allem aber im Süden Richtung SCS, wo es dichten Wohnbau gibt bzw. geben wird.
Konkreteres in Purkersdorf
Am konkretesten wurde in den vergangenen Wochen über eine Verlängerung der U4 über Auhof nach Purkersdorf gesprochen. Auch hier evaluiert Zibuschka Trassen, Stationen und Fahrgastpotenzial. Bei einem Treffen in St. Pölten sprachen unter anderem die Bezirksvorsteherin von Hietzing, Silke Kobald (ÖVP), der Bürgermeister von Purkersdorf, Karl Schlögl (SPÖ), und Verkehrslan- desrat Wilfing mit Zibuschka über Optionen der Verlängerung. Ein Treffen, nach dem sich die Beteiligten optimistisch zeigten.
Schlögl betont im Gespräch mit der „Presse“, dass einmal die erste Etappe der Verlängerung bis Purkersdorf, nämlich jene bis Hadersdorf, ins Auge gefasst wird. „Das Projekt ist relativ kostengünstig, weil man die Trasse (nicht die Gleise) der Westbahn nehmen könnte. Das heißt, es wird nicht unter der Erde gebaut, sondern oben.“Schlögl verweist darauf, dass auch Wien eine Machbarkeitsstudie dazu erstelle.
Allein, von Wiener Seite aus ist die Euphorie nicht annähernd so groß wie in Niederösterreich. Etwa bei Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou bzw. dem grünen Verkehrssprecher Rüdiger Maresch: „Ja, wir haben zugesagt, uns die Verlängerung nach Purkersdorf genauer anzusehen.“Allerdings seien U-Bahn-Verlängerungen grundsätzlich viel zu teuer. „Wichtiger wäre eine Verdichtung des Schnellbahnangebotes: Das ist billiger und geht rascher.“
Tatsächlich ist die U-Bahn als innerstädtisches Hochleistungsverkehrsmittel gedacht, das in kurzen Intervallen unterwegs ist. Und das vor allem dann gut funktioniert, wenn es – von Stoßzeiten abgesehen – über den ganzen Tag verteilt eine ähnliche Frequenz an Fahrgästen hat. Dazu kommt, dass auf dem Weg zu möglichen Zielen in Niederösterreich zwischendurch auch weniger dicht besiedelte Gebiete liegen – für die würde sich eine U-Bahn mangels Fahrgästen nicht auszahlen. Auf derartigen Strecken könnte eine S-Bahn dann sinnvoller sein.
Es kann auch mehr S-Bahn sein
Zibuschka legt sich dann auch nicht darauf fest, dass es unbedingt eine U-Bahn sein muss: „Wir schauen uns natürlich beides an: Welche Maßnahmen für einen Schnellbahnausbau und für eine Taktverdichtung gesetzt werden müssen, was sie kosten und was sinnvoller ist. Vielleicht kann man auch Schnellbahn und U-Bahn kombinieren.“Das Wichtigste sei aber, dass Wien und Niederösterreich da kooperieren, sagt der Verkehrsplaner. Nach Ostern ist jedenfalls die nächste Arbeitsgruppe zum Thema geplant.
Bei den Wiener Linien will man keine grundsätzliche Kritik an der Idee einer grenzüberschreitenden U-Bahn anbringen. „Wir bauen gerne im Auftrag von Stadt und Land die U-Bahn“, sagt eine Sprecherin. „Und wir bringen uns mit unserer Expertise ein. Aber ob das kommt, ist eine Entscheidung der Politik.“