Weniger Geld für kranke Arbeitslose?
Regierungspakt. ÖVP und FPÖ wollen Sozialmissbrauch bekämpfen und „Durchschummlern“die staatliche Unterstützung kürzen. Davon könnten auch kranke Langzeitarbeitlose betroffen sein.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bei den „Durchschummlern“hart durchzugreifen. Damit sind all jene gemeint, die den Sozialstaat ausnutzen wollen. Deswegen wurde zuletzt auch eine Reform des Arbeitslosengeldes angekündigt: Die Notstandshilfe soll abgeschafft werden, mit der Dauer sollen die Arbeitslosengeldbezüge deutlich sinken. Damit rutschen Bezieher schneller in die Mindestsicherung. Weil diese aus Steuermitteln bezahlt wird, werden auch Vermögenszugriffe angedacht.
Von dieser Reform könnten künftig auch kranke Arbeitslose betroffen sein. Im Regierungsprogramm heißt es auf Seite 143: „Keine Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs durch Krankenstände außer bei stationären Aufnahmen (Bekämpfung von Sozialmissbrauch).“Durchdekliniert könnte das bedeuten: Wenn das Arbeitslosengeld neu auch für kranke Arbeitslose angewandt wird, müssen diese künftig ebenfalls mit abschmelzenden Bezügen rechnen. Sie hätten somit deutlich weniger Geld zur Verfügung – und müssten schlussendlich von Mindestsicherung leben. Sollten die Regelungen in vollem Umfang zutreffen, stünden auch für sie Vermögenszugriffe ins Haus. Betroffen wären etwa Krebspatienten, psychisch Kranke oder Menschen mit Behinderung.
Hartinger-Klein beschwichtigt
Auf „Presse“-Nachfrage, wie die Ankündigung im Regierungsprogramm denn konkret umgesetzt werden soll, wird aber – wie beim Arbeitslosengeld – trotz angekündigter Härte doch beschwichtigt. „Es ist ein sehr sensibles Thema, und man muss sich sehr genau überlegen, wie das ausgeprägt sein soll“, sagt FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Kranke Menschen seien zu unterstützen. Mit ihr werde es „auf keinen Fall“einen Vermögenszugriff geben.
Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal erklärt: „Die Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes neu werde erst Ende des Jahres vorliegen.“Und: „Jemand, der ernsthaft erkrankt ist, muss nicht um sein Geld fürchten.“Was mit „ernsthaft“gemeint ist, führte Launsky-Tieffenthal nicht weiter aus. Offenbar gibt es die Vermutung, dass sich unter den kranken Arbeitslosen auch Simulanten finden. Das mögliche Vorhaben der Regierung könnte auch als Kritik an Ärzten verstanden werden – es schwingt mit, dass manche grundlos Krankmeldungen ausstellen. AMS-Chef Johannes Kopf wollte die möglichen Pläne der Regierung vorerst nicht kommentieren.
Wie steht es nun aber um den Gesundheitszustand von Arbeitslosen? Ein Blick in die Daten der Statistik Austria (EU-SILC) zeigt, dass Langzeitarbeitslose besonders oft von Krankheit betroffen sind. Jeder Dritte, der mindestens schon ein Jahr nicht in Beschäftigung ist, gibt an, mit einem „schlechten“oder „sehr schlechten“Gesundheitszustand zu kämpfen. Im Vergleich zu den Beschäftigten entspricht das dem zehnfachen Wert (drei Prozent).
Mehr als die Hälfte der Langzeitarbeitslosen gibt an, an einer chronischen Krankheit zu leiden – das ist immerhin noch doppelt so viel wie bei Erwerbstätigen. Und rund ein Viertel der Langzeitarbeitslosen gibt an, eine Behinderung zu haben. Bei den Erwerbstätigen sind es etwa vier Prozent.
Kein Job wegen Krankheit
Chronisch und schwer kranke Arbeitnehmer verlieren aufgrund ihres Gesundheitszustands ihren Job – und finden deswegen auch keinen neuen. So in etwa fassen die Autoren des „Fehlzeitenreport 2016“des Wifo den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Langzeitarbeitslosigkeit zusammen. Die Lage habe sich vor allem bei Älteren verschärft. In den vergangenen Jahren wurde der Frühausstieg aus dem Erwerbsleben erschwert – Frühpensionierungen aufgrund schlechten Gesundheitszustandes sind gesunken. Das schlägt sich dafür aber in einem Anstieg der Arbeitslosigkeit nieder.