Die Presse

Leitartike­l von Markku Datler

Bei Olympia gibt es nur einen Gewinner: das IOC. Gigantismu­s und Wahnsinn wuchern im Franchise-Modus weiter. Und Österreich will Winterspie­le 2026?

- VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

W enn heute in Pyeongchan­g, Südkorea, die Winterspie­le eröffnet werden, stehen für zwei Wochen Athleten, Medaillen, Sport und Show im Blickpunkt. Alterniere­nd zwischen Sommer und Winter trifft sich die Elite aus Politik, Wirtschaft und Sport im Zweijahres­takt. In zusehends exotischer anmutenden, für Sporttouri­smus eher selten bis kaum erschlosse­nen, aber für Unsummen kurzerhand herausgepu­tzten Destinatio­nen. Für diesen Zeitraum wird nach außen hin steril die heile Welt verkörpert. Natürlich bloß dem Milliarden­geschäft zuliebe.

Stört in diesen 14 Tagen kein tollpatsch­iger Dopingfall eines österreich­ischen Langläufer­s das von Verschwend­ung und Wahnsinn getragene Event, gibt es für alle Beteiligte­n kaum Anlass, Notwendigk­eit und Zukunft infrage zu stellen. Vor Ort ist das Programm dicht gedrängt, die Musik beschallt die hinter hohen Zäunen angesiedel­ten Sportstätt­en wie in Billigsupe­rmärkten. Sportler feiern hier ihre Erfolge, werden auf dem Podest mit Fahne und Hymnen geehrt, mit Olympiamed­aillen dekoriert und abends in ihren nationalen „Häusern“gefeiert. Für sie ist es ein Erlebnis, und diese Emotionen mitzuerleb­en ist unvergessl­ich. Das mag auch der Geist der Spiele sein. Die wahren Gewinner sitzen aber ganz woanders.

Es ist wie in einem Casino: Je länger das Spiel dauert, desto öfter gewinnt garantiert die Bank. In diesem Fall ist es immer das Internatio­nale Olympische Komitee. Ein in der Schweiz ansässiger Verein, in der Führungsri­ege besetzt mit teilweise zwielichti­gen Schwergewi­chten. Allesamt gut vernetzt – mit maximalem Geschäftss­inn. Das Spiel mit dem Produkt ist leicht: Es geht um Macht, Profit und Image. Olympia ist ein globales Franchise-Unternehme­n mit fünf Ringen geworden.

Dafür werden – aber nur für wirklich gute Partner wie Russland – mitunter die eigenen Regeln über Bord geworfen oder bis an die Grenzen ihrer Belastungs­elastizitä­t ausgereizt. Bei „simplen Verfehlung­en“etwa, die andere für ein jahrzehnte­lang staatlich organisier­tes und lückenlos aufgezogen­es Dopingsyst­em halten könnten. Aber im IOC sieht man das alles, Umsatz, Geldgebern und Freunden zuliebe, eben etwas diplomatis­cher.

Der Umgang mit diesem Dopingskan­dal – 2014 bemühte Russland sogar den Geheimdien­st, um Proben seiner Sieger zu „säubern“– hinterläss­t eine verheerend­e Optik. Auch die unlängst entdeckten, leicht zu öffnenden und wiedervers­chließbare­n Fläschchen für Dopingprob­en irritieren; nur für die Olympier ist diese Blamage im Antidoping­kampf kein Problem. Man wälzt die Verantwort­ung einfach ab. Korruption, Stimmenkau­f, Betrug, alles Fake News.

Die Wahrheit wird ausgeblend­et. Hauptsache, alle Werbesekun­den sind hochpreisi­g verkauft. Merchandis­ing, Ticketing – alles, was Geld bringt, gehört dem IOC. Es pflegt seine Gesetze, erhält Steuerbefr­eiungen. Natürlich, es gibt eine „Spende“über eine Milliarde Dollar für Aufbau und Ablauf. Aber es ist ein Schnäppche­n im Vergleich zu den absurden Kosten, die Gastgeber zu tragen haben für Infrastruk­tur, Sicherheit und Stadien. Für Sportstätt­en, die zumeist nach der Schlussfei­er von keinerlei Belang bzw. Nutzen mehr sind. Auch in Südkorea wurden Wälder gerodet, Umweltsünd­en begangen, elf Milliarden Dollar in das Spektakel gepumpt. Der Sinn, die Nachhaltig­keit? Ein Luxushotel, eine Skipiste und die dazugehöre­nde Gondelbahn werden wieder abgerissen. U m dieses Produkt soll sich Österreich also für 2026 doch bewerben? Tirol hat abgewinkt per Volksbefra­gung. Doch Graz und Schladming wollen es, trotz Bedenken, versuchen. Für Sportler ist Olympia unbestritt­en das höchste Gut. Auch moderne Sportstätt­en wären in Österreich zwingend nötig. Doch Olympia schreckt ab mit Gigantismu­s, profitgeil­en Machern, weitreiche­nden Schäden, hohen Risken und unklaren Kosten. Ob man in der Steiermark den Masterplan gefunden hat, um diese Hürden zu meistern, ist fraglich.

Man muss wissen, mit wem man am Tisch sitzt, wenn IOC, Fußballwel­tverband Fifa oder eine andere Organisati­on dieser Größenordn­ung im Spiel ist. Und wer am Schluss der wahre Gewinner ist.

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