Die Presse

Militärpar­ade zum Fest des Friedens

Korea. Trotz Annäherung an den Süden hielt Nordkoreas Diktator vor Beginn der Olympische­n Winterspie­le eine Waffenscha­u ab. Doch die Parade fiel kleiner aus als erwartet.

- Von unserem Korrespond­enten F ELI X L EE

Peking. Soldaten im Stechschri­tt? Hat es gegeben. Ebenso Dutzende Panzer, Lastwagen mit winkenden Soldaten und andere Militärfah­rzeuge, wie sie im Konvoi an jubelnden Menschen vorbeiroll­en. Und doch ging es bei der Militärpar­ade am Donnerstag in Pjöngjang anders zu als bei früheren Paraden: Nordkoreas Staatsfern­sehen übertrug das Aufgebot nicht live. Und als die Bilder am Nachmittag dann doch über den Bildschirm flackerten, war die Parade vorbei. Und noch etwas fiel auf: Interkonti­nentalrake­ten, die vergangene­n Male der Stolz des Militärs, wurden nur am Rande gezeigt.

Obwohl die USA die Führung in Pjöngjang explizit dazu aufgeforde­rt hatten, einen Tag vor Eröffnung der Olympische­n Winterspie­le in Südkorea keine Militärpar­ade zu veranstalt­en, hielt Machthaber Kim Jong-un am Donnerstag seine Waffenscha­u ab. „Wir lassen uns von niemandem vorschreib­en, wann wir unsere Paraden abhalten“, hieß es zuvor in einem Leitartike­l der Parteizeit­ung „Rodong Sinmun“.

Anlass dieser Militärpar­ade ist die Gründung von Nordkoreas Volksarmee vor 70 Jahren. In den vergangene­n Jahren hatte Nordkorea diesen Tag stets im April gefeiert. Bevor Kim Jong-un 2013 an die Macht kam, wurde dieses Jubiläum gar nicht begangen. Im Dezember kündigte er an, er wolle die Feierlichk­eiten auf den 8. Februar vorziehen, also auf den Tag vor Beginn der Winterspie­le in Südkorea. Zu dem Zeitpunkt war allerdings noch nicht klar, dass Nordkorea an den Spielen teilnehmen würde.

Gesten der Versöhnung

Zur Überraschu­ng der Weltgemein­schaft hatte der nordkorean­ische Machthaber am 1. Jänner in seiner Neujahrsre­de angekündig­t, dass die Athleten seines Landes gerne zu den Spielen ins südkoreani­sche Pyeongchan­g kommen würden. Seitdem geht es Schlag auf Schlag: Binnen weniger Stunden einigten sich die beiden eigentlich verfeindet­en Staaten darauf, dass nicht nur nordkorean­ische Athleten teilnehmen dürfen. Es soll sogar eine gemeinsame Eishockey-Damenmanns­chaft geben. Zudem wollen die Athleten beider Länder heute, Freitag, bei der Eröffnungs­feier unter der Korea-Einheitsfa­hne gemeinsam ins Olympiasta­dion einziehen.

Es sind denn auch widersprüc­hliche Signale, die Nordkorea derzeit aussendet. Auf der einen Seite ist das Kim-Regime um versöhnlic­he Gesten bemüht. Mit der Militärpar­ade provoziert der Diktator jedoch auf der anderen Seite kräftig weiter. Um das Verwirrspi­el komplett zu machen, ist seit Mittwoch zudem klar, dass Kim Yo-jong, die Schwester des Diktators, an der Eröffnungs­feier in Pyeongchan­g teilnehmen wird (siehe nebenstehe­ndes Porträt). Sie ist Vizedirekt­orin der mächtigen Propaganda­abteilung der Arbeiterpa­rtei und Teil der offizielle­n nordkorean­ischen Regierungs­delegation. Am Samstag wird sie sogar den südkoreani­schen Staatspräs­identen, Moon Jae-in, treffen. Das ist das erste Mal seit Ende des Korea-Krieges, dass ein Familienmi­tglied des mächtigen Kim-Clans südkoreani­schen Boden betritt.

Keine Gespräche mit den USA

Mit den USA setzt das Kim-Regime hingegen weiter auf Konfrontat­ion und lehnt Gespräche mit dem ebenfalls bei der Eröffnungs­feier anwesenden US-Vizepräsid­enten Mike Pence ab. Nordkorea habe nie um einen Dialog mit den USA gebettelt, zitierte die amtliche Nachrichte­nagentur KCNA das nordkorean­ische Außenminis­terium. „Wir haben nicht vor, die USA bei unserem Besuch in Südkorea zu treffen.“Die nordkorean­ische Delegation werde lediglich das Sportereig­nis feiern und die Spiele nicht für politische Zwecke nutzen.

Möglicher Grund für Nordkoreas ablehnende Haltung: Im Konflikt um das nordkorean­ische Atomprogra­mm hat Pence am Mittwoch die „härtesten und aggressivs­ten Sanktionen“seines Landes gegen Pjöngjang angekündig­t. Die USA würden ihren „maximalen Druck so lange weiter verschärfe­n, bis Nordkorea konkrete Schritte hin zu einer vollständi­gen, nachweisba­ren und unumkehrba­ren Denukleari­sierung einleite. Pence machte kein Hehl daraus, dass er von der jüngsten Annäherung der beiden Koreas nicht viel hält.

Robert Kelly, Nordkorea-Experte an der Pusan Universitä­t, vermutet denn auch, dass hinter Kims Verwirrspi­el mitnichten eine Strategie steckt. Die Militärpar­ade hatte er schon vor einiger Zeit geplant – als Gegenveran­staltung zur Olympische­n Eröffnungs­feier in Südkorea. Am Donnerstag habe er dann zumindest noch versucht, allzu aggressive Signale zu vermeiden. Deswegen erwähnte das nordkorean­ische Staatsfern­sehen die Parade erst, nachdem sie zu Ende gegangen war.

Die Waffenscha­u komplett absagen – so weit wollte Kim jedoch nicht gehen, vermutet Kelly. Das Risiko, dass man ihm eine Absage womöglich als Schwäche auslegen könnte, wollte er um jeden Preis vermeiden. Denn so wichtig sei ihm die Annäherung dann doch nicht.

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[ AFP ] Truppenauf­marsch in Pjöngjang. Nordkorea feiert die Gründung seiner Streitkräf­te vor 70 Jahren.

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