Abfahrt: Wenig Speed, viele Favoriten
Ski alpin. Die Piste in Jeongseon lässt anspruchsvolle Passagen vermissen, wird ob der tiefen Temperaturen aber zur Herausforderung für das Material werden.
Schon bei der Generalprobe vor zwei Jahren sind die Speedherren mit der Olympiapiste in Pyeongchang nur bedingt glücklich geworden, dieser Eindruck erhärtete sich nach dem ersten Training für die Abfahrt in der Nacht auf Sonntag (3 Uhr MEZ, live ORF eins). „Es ist eine schöne Abfahrt, aber mit wenig Speed und nicht richtig spektakulär“, resümierte Vincent Kriechmayr. „Im Weltcup wäre das eine der leichteren Abfahrten.“Gerade einmal 1:40,45 Minuten benötigte der Kanadier Manuel Osborne-Paradis und war damit am Donnerstag der Schnellste, Titelverteidiger Matthias Mayer wurde als bester Österreicher Vierter (+0,75 Sekunden).
Mit Klassikern wie Kitzbühel oder Wengen lasse sich das Werk des Schweizer Pistendesigners Bernhard Russi keinesfalls vergleichen, so die einhellige Meinung, vielmehr werde es wegen der tiefen Temperaturen wohl eine Materialschlacht. „Man darf sich keine Fehler erlauben, weil es keine Passagen gibt, die richtig steil sind, sodass du wieder Schwung bekommst. Zum Schnellsein ist es sicher eine Herausforderung“, erklärte Hannes Reichelt, der mit über zwei Sekunden Rückstand ins Ziel kam. Der Schnee, von vielen mit jenem in Beaver Creek verglichen, könnte ihm liegen. „Da wartet Arbeit auf den Servicemann.“
Sotschi-Olympiasieger Mayer war mit seiner „Besichtigungsfahrt“zufrieden, denn die Generalprobe 2016 hatte er verletzungsbedingt verpasst. „Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben“, war der Kärntner überzeugt. Die Kurven seien von Start bis Ziel relativ gleich, man müsse sehr konzentriert fahren. „Die Sprünge sind schön, aber die Abfahrt ist ein bisserl kurz. Man ist nicht richtig müde, wenn man im Ziel ist“, sagte Mayer. Max Franz fand an seiner Premierenfahrt durchaus Gefallen. „Mir taugt es. Man muss sich ein bisserl spielen, die engere Linie wählen, wenig Meter fahren, aber nicht zu hart hindrücken.“
Bis auf Kjetil Jansrud (2.) hielten sich die weiteren Weltcup-Favoriten wie Aksel Lund Svindal (20.), Peter Fill (11.) oder Dominik Paris (29.) zurück. Beat Feuz (15.), Sieger in Lake Louise, Wengen und Garmisch-Partenkirchen, erklärte die Abfahrt diplomatisch für „olympiawürdig“. „Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier noch oft Weltcuprennen fahren werden“, fügte der Schweizer Weltmeister schmunzelnd hinzu.
Im Hinblick auf die Kombination wagte sich auch Marcel Hirscher erstmals auf die Strecke. Nach einer Schrecksekunde im oberen Teil verpasste er ein Tor und hatte am Ende fast vier Sekunden Rückstand. „Was oben abgegangen ist, weiß ich nicht. Ich glaube, ich habe die falsche Linie gewählt. Aber es hätte alles schlechter sein können“, meinte der Gesamtweltcupführende. Der Technikspezialist kann die Kritik der Speedfahrer am Kurs nachvollziehen. „Überwindung sind die Kurven überhaupt keine. Aber die Sprünge sind für mich ein gescheiter Hupfer.“
RTL-Ticket für Veith
Damen-Cheftrainer Jürgen Kriechbaum hat unterdessen sein Aufgebot für den Riesentorlauf am Montag fixiert. Neben Stephanie Brunner, Bernadette Schild und Ricarda Haaser geht auch Anna Veith im ersten Rennen an den Start. „Für Anna ist es eine Gelegenheit, gut in diese Spiele hineinzustarten. Sie war früher eine Top-Riesentorläuferin, und wenn sie hoffentlich zu alter Stärke zurückfindet, könnte das ein guter Schritt dafür sein“, erklärte Kriechbaum seine Wahl.
Veith gewann vor vier Jahren in Sotschi RTL-Silber, hat nach der langen Verletzungspause in dieser Disziplin aber noch nicht wieder Fuß gefasst. Seit dem Comeback im Dezember bestritt sie drei Rennen, verpasste zweimal die Qualifikation für den zweiten Lauf und wurde in Lienz 21. Für die 28-Jährige ist die RTL-Nominierung dennoch ein Vorteil, „weil das den Druck für den Super-G nimmt“. (red.)