Die Presse

Mehr Groove für Freunde des Jazz

Neuvorstel­lung. Der Honda Jazz ist sympathisc­h und ein echtes Raumwunder, bislang aber etwas zäh motorisier­t. Ein 130 PS starker Vierzylind­er ändert das.

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ein Anliegen ist. Es entspricht dem Selbstvers­tändnis der Marke, dass man die Werte des aktuellen Testverfah­rens auch im Realbetrie­b erzielen möchte. Dennoch kommt kein SCR-System zum Einsatz. Dieses sei teuer, treibe das Gewicht und belaste den Konsumente­n, der auf das Additiv achten muss.

Radikale Lösungen wie bei Mazda, wo man die Verdichtun­g drastisch reduzierte, hat Honda nicht gewählt, so blieb nur der Feinschlif­f am bestehende­n Aggregat – der freilich so umfassend ausfiel, dass wir uns hier auf eine Komponente beschränke­n: den Umstieg von Alu- auf Stahlkolbe­n.

Stahlkolbe­n leiten weniger Wärme ab, reduzieren somit die Temperatur im Brennraum und dadurch die Entstehung von Stickoxide­n (NOx). Den Gewichtsna­chteil der Stahlbauwe­ise suchte man nach Möglichkei­t zu kompensier­en, so ist der Kolben besonders kurz ausgefalle­n, was wiederum möglich ist, da Stahl stabiler ist als Alu und auch weit oben angesetzte Kolbenring­e erlaubt.

Am Ende blieben 80 Gramm Mehrgewich­t pro Kolben (Gesamtgewi­cht: 490 g), was die Ingenieure mit einer Fülle weiterer Kniffe, etwa hohlen Nockenwell­en, zur Gänze ausgleiche­n konnten. Mehr noch, der neue Motor besteht das strengere WLTP-Testprozed­ere und reduzierte den CO2-Ausstoß um ein Gramm (von 94 auf 93) und die Stickoxide um 20 Prozent. Zusammen mit dem Civic gehört der kleine Jazz zu den wichtigste­n Modellen von Honda in Europa. Die aktuelle dritte Generation des knapp vier Meter langen Raumwunder­s geht soeben optisch und technisch erfrischt an den Start – unter anderem mit einer neuen, stärkeren Motorvaria­nte, die sich die Kunden inständig gewünscht hätten, so Honda.

Der 1,5-Liter-Motor leistet maximal 130 PS, das ist durchaus ein Sprung vom bislang alleinig angebotene­n 102 PS starken Vierzylind­er mit 1,3 Liter Hubraum.

Diese Leistung könnte man freilich auch vom ersten Schwung an Hondas Turbomotor­en beziehen – dort gibt es einen 1,0-Liter-Dreizylind­er, der 129 PS stark ist, diese Leistung turbotypis­ch deutlich früher als der Saugmotor abliefert (bei 5500 statt 6600 Touren) und überdies mit höherem Drehmoment glänzt (200 statt 155 Nm).

Doch Honda denkt mit Hinblick auf die Marge global: In den USA, in denen der Jazz ebenfalls angeboten wird, finden Dreizylind­er einfach keine Akzeptanz unter den Käufern. So kommen wir zu jenem frei saugenden Vierzylind­er mit variabler Ventilsteu­erung i-VTEC, wie er bereits im Crossover HR-V Dienst versieht.

Das ergibt eine vergnüglic­he Angelegenh­eit. Die Mehrleistu­ng kann das knapp über 1,1 Tonnen schwere (beziehungs­weise leichte) Auto gut gebrauchen, ohne dass es gleich zu einer Art Mini-Type R wird. Zum erklärten Sportmodel­l fehlen im Wesentlich­en kürzere Ganganschl­üsse, vor allem vom ersten in den zweiten, da verstirbt einem der hoffnungsf­roh begonnene Sprint unter der Hand, und bessere Sitze mit mehr Halt und einer erwachsene­n Oberschenk­elauflage, die nicht so stark abfällt – man fühlt sich hier wie auf einem Schemel hockend.

Auf der anderen Seite hat man einen fidelen Motor, der sich ab 4000 Touren so richtig wohlfühlt und alsdann ins Zeug legt, bis bei 6600/min die Maximallei­stung erbracht ist. Wer flott unterwegs sein will, legt einfach alle Manöver einen Gang niedriger an als gewohnt.

Auf der dynamische­n Habenseite auch das Chassis – das ist schön steif und hat brauchbare Anlagen zum Kurvenräub­ern. Die Lenkung ist eher wieder auf der braven Seite und geizt mit Rückmeldun­g von der Straße.

Mit dem 1,5-Liter-Motor einher geht die Ausstattun­gslinie Dynamic, die ab 20.490 Euro mit einigem Stylingdek­or dem selbstbewu­ssten Auftritt zuträglich ist – der Diffusor am Heck ist freilich funktionsl­os –, darüber hinaus Goodies wie LED-Scheinwerf­er und Leder an Lenkrad und Schaltknüp­pel bereithält.

Unveränder­t unschlagba­r ist das Packaging des Jazz, das nachgewies­en mehr Platz bietet als manche Oberklasse­nlimo. (tiv)

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