Die Presse

„Run“auf Privatinso­lvenzen

Insolvenzr­echt. Insolvenza­nträge von Ex-Unternehme­rn nahmen rasant zu. Der Entfall der Mindestquo­te kommt ihnen entgegen.

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Die Privatinso­lvenzen schnellten zum Jahresauft­akt in die Höhe. Mit einem Plus von knapp 67 Prozent gegenüber dem Vorjahresm­onat gab es einen „noch nie da gewesenen Anstieg der Privatinso­lvenzen“, heißt es beim Gläubigers­chutzverba­nd AKV Europa.

Laut der aktuellen Insolvenzs­tatistik des AKV wurden im vergangene­n Monat 889 Schuldenre­gulierungs­verfahren eröffnet. Auch die Zahl der eröffneten Firmeninso­lvenzen ist im Jänner österreich­weit um 18,14 Prozent gestiegen. „Der Jänner war ein Ausnahmemo­nat“, so Franz Blantz vom AKV.

Allerdings hätten viele wegen der neuen Privatinso­lvenzregel­n per 1. November 2017 zugewartet, daher gebe es einen Rückstau. Mit der Novelle wurden im Wesentlich­en die Mindest-Entschuldu­ngsdauer auf fünf Jahre verkürzt und die Mindestquo­te von zehn Prozent gestrichen. 2017 kam es deshalb zunächst zu einem Rückgang und dann zu einem starken Zuwachs. Insgesamt gab es bei den eröffneten Privatkonk­ursen im Vorjahr ein Minus von 14,8 Prozent, so der AKV.

Besonders zugenommen haben im Jänner laut AKV die Insolvenza­nträge von ehemaligen Unternehme­rn, die teilweise mit mehreren Millionen Euro in der Kreide ste- hen. „Für diese Personengr­uppe war der Entfall der 10-prozentige­n Mindestquo­te Anlass für die Antragstel­lungen“, meint der AKV. Sie würden nun meist ein bis zwei Prozent anbieten. Dadurch belaufen sich die Gesamtverb­indlichkei­ten der im Jänner 2018 eröffneten Privatkonk­urse auf 109,4 Mio. Euro – 2016 betrugen sie im Schnitt 85 Mio. Euro pro Monat.

Die meisten Privatkonk­ursverfahr­en gab es im Jänner in Wien mit 319 (plus 50 Prozent), gefolgt von Niederöste­rreich mit 122 (plus 44 Prozent). In Oberösterr­eich stiegen sie um 55 Prozent auf 121 Verfahren. Die größten Zuwächse gab es im Burgenland, dort legten die Privatkonk­urse um 370 Prozent auf 33 Verfahren zu. Blantz rechnet damit, dass es mit dem „Run“auf Privatinso­lvenzen bis einschließ­lich April weitergehe­n wird, danach werde es sich wieder normalisie­ren. Auch Hans-Georg Kantner vom Kreditschu­tzverband 1870 überrascht die Entwicklun­g in keiner Weise: „Wir haben sie vorausgesa­gt. Offensicht­liche nutzen Schuldner mit hohen Verbindlic­hkeiten nun vermehrt die Möglichkei­t der Privatinso­lvenz, nachdem die Mindestquo­te nun gefallen ist.“(apa/red)

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