Jetzt schon ohne Rauch
Analyse. Die Frage aus Sicht der Gastronomie ist weniger, ob ein komplettes Rauchverbot kommt, sondern wann. Städtische und neue Restaurants setzen ohnehin bereits auf das Nichtrauchen.
Die Aschenbecher verschwinden, egal, was das Gesetz sagt: Die Gastronomie bereitet sich vor.
Wien. Sie öffnet ein Stadt-Land-Gefälle, eines zwischen Vor- und Innenstadt und auch eines zwischen Restaurant und Diskothek: die Frage, ob in Lokalen geraucht werden darf oder eben nicht. Eine offenbar höchst emotionale Frage, geht es doch um ein Stückchen Individualität und um eine interessante Interpretation von Freiheit. Diese Frage führt nicht nur unter Gästen zu hitzigen Debatten, sondern auch unter Gastronomen. So unterschiedlich die Meinungen auch sein mögen – laut einer Umfrage der Wirtschaftskammer Österreich sind 72 Prozent der Nachtlokalbetreiber für die jetzige Raucherregelung, allerdings nur 49 Prozent der Restaurantbesitzer –, in einem sind sich alle Gastronomen einig: Einfacher wäre es, wenn es endlich eine klare Regelung gäbe – und zwar eine langfristige.
„Intern ist das eine reine Neiddebatte. Da geht es nicht um persönliche Überzeugung, sondern nur darum, wer mehr Geschäft macht“, sagt dazu Mario Pulker, Obmann der Sparte Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich. Als Interessenvertretung ist die Wirtschaftskammer naturgemäß für die Beibehaltung der jetzigen Regelung, bei der auch Raucher Platz haben. „Aber wir haben immer schon gesagt, dass die jetzige Regelung nicht für die Ewigkeit halten wird. Wir gehen davon aus, dass es sie nur so lang gibt, wie es eine türkis-blaue Regierung gibt. Sobald die Blauen draußen und wieder die Roten in der Regierung sind, ist die jetzige Regelung weg.“
Dass das Zurückrudern vom angekündigten Rauchverbot vielmehr ein Anliegen der FPÖ als der ÖVP ist, macht allein der Protest deutlich, der aus schwarzen Reihen kommt. Immerhin sind es ein schwarzer Salzburger Gesundheitsreferent, ein schwarzer Eisenstädter Bürgermeister (der gleichzeitig ÖVP-Landesparteiobmann ist) und eine schwarze Wiener Bezirksvorsteherin, die in ihrer jeweiligen Region die Initiative „freiwillig rauchfrei“gestartet haben. Wie viele der Nichtraucherlokale das auch schon vor der Initiative waren, sei einmal dahin gestellt.
Spricht man mit Peter Dobcak, Spartenobmann der Wiener Wirtschaftskammer, klingt es fast so, als würde er damit rechnen, dass das Rauchverbot nun doch kommt – zumindest früher oder später: „Schaun wir einmal, was am Ende herauskommt. Man konnte in den vergangenen Jahren gut beobachten, dass sich gewisse Dinge ändern.“Spannend bleibt natürlich auch, was das Volksbegehren (ab 15. 2.) bewirkt, hinter dem die Wiener Ärztekammer und die Österreichische Krebshilfe stehen.
Was genau die Regierung nun mit dem Doch-nicht-Rauchverbot vorhat, wollte sie bis jetzt noch nicht verraten. Die Wirtschaftskammer war zwar in die Verhandlungen eingebunden, man habe aber Stillschweigen vereinbart, sagt Mario Pulker. Es werde aber für die Betriebe passen. Die Quadratmetergrenze für Raucherlokale (derzeit 50 m2) werde angehoben.
Er selbst betreibt übrigens in der Wachau ein Restaurant inklusive Hotel, in dem seit 2008 ein komplettes Rauchverbot herrscht. „Das wurde auch sehr gut angenommen. Mein Onkel aber betreibt ein Dorfwirtshaus, er müsste zusperren, wenn dort nicht mehr geraucht werden darf.“
Tschocherl und Zigarrenlounge
Dass aber nur die Dorfwirtshäuser und Vorstadt-Tschocherln von Raucherbereichen profitieren, stimmt so nicht. Auch wenn vonseiten der Befürworter der jetzigen Regelung ebendiese hervorgehoben werden – immerhin bemüht man sich gern um den kleinen Mann. Aber auch in der gehobenen Gastronomie wird geraucht, wenn auch in der Zigarrenlounge. „Es gibt Hoteliers am Arlberg, die nehmen allein mit Zigarren 160.000 Euro im Jahr ein, für die würde das immense Umsatzrückgänge bedeuten“, sagt Pulker.
Überall, wo gegessen wird, sind Aschenbecher aber mittlerweile selten. Nicht nur, aber vor allem im urbanen Gebiet setzen neue Lokale auf ein komplettes Rauchverbot. Das sei einfach zeitgemäß, meinen die Gastronomen, die sich Gedanken darüber machen, wie sie auch ein internationales Publikum ansprechen. Genaue Zahlen zu den Nichtraucherlokalen gibt es nicht. Schätzungen zufolge sollen zwei Drittel der Lokale in Wien zumindest einen Nichtraucherbereich haben. Selbst in (neuen) Bars wird teilweise Rauchen verboten – manchmal auch aus Protest gegen die Regierung. Für Pulker ist das Thema Rauchen auch eine Generationenfrage. Für die Jungen sei es normal, vor die Tür zu gehen, um zu rauchen. „Die, die neu aufsperren, sind fast alle Nichtraucherlokale. Die Tschocherln übernimmt selten jemand. Sie sperren über kurz oder lang zu.“