Krankenhaus Nord muss (teilweise) wieder umgebaut werden
Rechnungshof. Der Rohbericht zu Baufiasko beim Milliardenprojekt Spital Nord liegt vor – mit einer langen Liste an Verfehlungen.
Wien. Seit Freitag kursiert der Rohbericht des Rechnungshofes (RH) zum im Bau befindlichen Spital Nord. Mit dem Bericht (er liegt der „Presse“vor) ist das Chaos bei dem Milliardenprojekt nun amtlich – wobei Eckpunkte bereits im Vorfeld bekannt wurden.
Umbau steht an. Das Spital ist nicht einmal fertig, trotzdem ist bereits ein Umbau nötig. In den nächsten Jahren werden „Unterschiede zum medizinischen und betriebsorganisatorischen Konzept voraussichtlich zu Umbaumaßnahmen führen“, heißt es in dem Bericht wörtlich. Nachsatz: Das Spital habe schon zur Zeit seiner Errichtung nicht mehr voll den eigenen KAV-Vorgaben entsprochen.
Fehlentscheidungen. Die Entscheidung, der Spitalserrichter muss ein entsprechendes Grundstück mit- bringen, um ins Bieterverfahren zu kommen, bezeichnet der RH als „weder wirtschaftlich noch zweckmäßig“. In der Folge blieb nur ein Bieter, und der verlangte eine derartige Summe, dass neu ausgeschrieben werden musste. Das verzögerte das Projekt enorm.
Missmanagement. Als Bauherr scheiterte der Krankenanstaltenverbund (KAV) an der Projektorganisation. Wegen fehlender Ressourcen und hoher Fluktuation in Schlüsselpositionen wurden immer mehr Leistungen an externe Firmen vergeben – womit die Weichen für eine Kostenexplosion laut RH gestellt waren: „Da dem KAV ausreichendes internes Know-how fehlte, konnte er das Projekt nicht innerhalb der Kosten- und Terminvorgaben abwickeln.“
Risken unterschätzt. Laut Bericht wurden Risken für Vergabe und Bauausführung unterschätzt. Viele dieser Risken seien aber schlagend geworden und trugen zu entstandenen Mehrkosten von rund 203,93 Millionen Euro bei, hält der RH fest. Bei der Vergütung sogenannter immaterieller Leistungen (z. B. Beratungen) kam es zu einer Kostensteigerung von 70 Prozent.
Chaos. Aufträge wurden vergeben, obwohl die notwendigen Planungen nicht fertig waren. Das sorgte in verschiedenen Sparten für Kostensteigerungen bis zu 120 Prozent (Isolierung, Brandschotte).
Versagen der Kontrolle. Trotz Qualitätssicherung wurden Teilbereiche des Spitals so fehlerhaft umgesetzt, dass sie nachträglich saniert werden mussten.
Keine Koordination. Mehrere Planer anstatt eines Generalplaners, „keine Koordination der Werks- und Montageplanung“, kritisiert der RH. Die Folge war eine Art Selbst- koordination der Firmen, die für Konflikte und Störungen sorgten.
Kein Baustopp. Laut Rechnungshof hätte ein Baustopp die Möglichkeit gegeben, die Planungen zu verbessern. Das ist nicht passiert. Als Folge mussten (wegen Fehlplanungen) z. B. Betonwände und neun Stützen wieder abgerissen werden.
Gebäude war nicht dicht. Dass der Innenausbau begonnen wurde, obwohl das Gebäude noch nicht dicht war (Stichwort: Wassereintritt) verstehen die Prüfer nicht.
Fehlerhafte Ausschreibungen. Mängel bei Ausschreibungen sorgten für gravierende Kostensteigerungen, weil sie Zusatzaufträge nach sich zogen. In manchen Bereichen stiegen die Kosten dadurch um 63 Prozent (61,70 Millionen Euro).
Flop bei Finanzierung. Die Stadt versenkte mit einem versuchten Fi- nanztrick (millionenschwere Kosten sollten nicht im Schuldenstand der Stadt aufscheinen) laut RH völlig unnötig 30,14 Millionen Euro. Die Verzögerungen kosten die Stadt jährlich auch noch rund 31 Millionen Euro. Dazu kommen 21 Millionen Euro, weil die Stadt Rechnungen spät bezahlt hat (Stichwort: Skonto).
Heftige Kritik folgte von ÖVP, FPÖ und Neos, denen der Bericht ebenfalls vorliegt. ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch forderte umgehend einen U-Ausschuss und hat dafür bereits eine Zeugenliste erstellt. Die FPÖ forderte die sofortige Ablöse von Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger, die Neos ein Eingreifen der Stadtregierung während SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch erklärte: Es hätte Maßnahmen gegeben – bereits im November sei mit Herwig Wetzlinger ein erfahrener Krankenhausbauer in den KAV geholt worden.