Das Adler-Team ist nur Außenseiter
Skispringen. Kein Saisonsieg, geringes Selbstvertrauen, im Training zurück – Medaillen von Kraft oder Hayböck zu verlangen, ist vermessen. Topfavorit ist der Pole Kamil Stoch.
Österreichs SkisprungTeam ist seit Jahren nicht mehr mit einer derartig schlechten Saisonbilanz zu einem Großereignis angereist. Im ÖSV-Aufgebot von Heinz Kuttin versucht man nun aus der Not eine Tugend zu machen, und hofft, dass aus der abgelegten Favoritenrolle neue Kraft entsteht. Der erste von drei Herren-Bewerben bei den Winterspielen in Korea geht heute (ab 13.30 Uhr, ORF eins) in Szene.
Im Einzel von der Normalschanze, im Weltcup ist sie längst verschwunden, soll eine Trendwende versucht werden. Stefan Kraft wurde im Februar 2017 auf der Normalschanze von Lahti Weltmeister, hier gewann er auch den Testbewerb. Doch in dieser Saison landete er lediglich drei dritte Plätze, und noch kein Saisonsieg im Adlerhorst wurde gefeiert. Naturgemäß herrscht deshalb Alarmstimmung.
Kraft, er ist Olympia-Debütant, hat sich durch ein intensives Training an die kleine Schanze von Alpensia herangetastet. „Ich bin froh, dass ich alle Trainingssprünge gemacht habe. Am Anfang habe ich mir schwergetan mit der Schanze, mit mir selbst“, gestand der Salzburger, 24, bei einer Pressekonferenz im Österreich-Haus. Von Sprung zu Sprung sei es besser gelaufen, zuletzt war er Fünfter geworden, es habe Spaß gemacht. „Gestern war cool, das stimmt mich zuversichtlich.“
Zimmerkollege und Freund Michael Hayböck ist zu seinen zweiten Spielen gereift gereist, und doch gleichzeitig nach wie vor fasziniert. „Sotschi war doch ein bisserl anders, ich bin vier Jahre älter geworden und habe in der Zwischenzeit einiges erlebt.“Die Springer wohnen dieses Mal im Dorf, und da überraschte ihn der eigene Bekanntheitsgrad bis nach Afrika: „Gestern haben wir Sportler getroffen, die Togo hinten oben stehen hatten. Das ist jetzt nicht unbedingt eine Skisprungnation. Die haben uns alle gekannt, das ist schon etwas Besonderes.“
Der Veteran im ÖSV-Springerteam ist Gregor Schlierenzauer, 28, dem in seiner Erfolgsliste nur noch Olympisches Einzelgold fehlt. Dass dieser Traum bei seinen dritten Spielen nur schwer zu erfüllen ist, weiß auch der Tiroler. „Ich kann es nicht mehr hören, dass es im Training funktioniert und im Wettkampf nicht“, weiß Schlierenzauer. Aber es fehle eben die Konstanz. „Es gelingt mir nicht, das richtige Rezept zu finden, um auf diesem Bahngleis draufzubleiben.“
Kamil Stoch ist Titelverteidiger, gilt als Topfavorit. Weitere Medaillenkandidaten sind Andreas Wellinger und Richard Freitag. Die Deutschen hoffen auf erstes Olympiagold seit Jens Weißflog 1994.