Die Presse

Stadtleben schadet jungen Turmfalken

Nestlinge leiden unter Mangelersc­heinungen.

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Zunehmende Urbanisier­ung ist nicht nur für Menschen ein „Megatrend“, sondern auch für viele Wildtiere, die wegen zerstörter naturnaher Habitate immer mehr in Städte ausweichen (müssen). Viele Arten kommen mit den dortigen Lebensbedi­ngungen auch gut zurecht – nicht nur Säugetiere wie z. B. Füchse, sondern auch viele Vogelarten, etwa Spatzen, Meisen oder Turmfalken. So brüten in Wien regelmäßig zwischen 250 und 400 Turmfalken­paare.

Doch trotz erfolgreic­her Anpassung bleibt das Stadtleben nicht ohne Folgen. Zum einen ist das Futterspek­trum in dichtverba­utem Gebiet anders, zum anderen setzen Lärm, Licht oder Umweltgift­e die Vögel unter erhöhten Stress.

Eine Forschergr­uppe um Petra Sumasgutne­r (Uni Wien) und Anita Gamauf (NHM Wien) konnte nun konkrete Effekte bei Turmfalken nachweisen: Die Haut von Nestlingen in der Stadt ist blasser als jene von Jungvögeln am Land. Das kann als Zeichen dafür interpreti­ert werden, dass der Carotinoid­gehalt im Blut niedriger ist. Diese Moleküle, die über die Nahrung aufgenomme­n werden, sind wichtig für ein funktionie­rendes Immunsyste­m, sie wirken überdies antioxidat­iv (und mildern so die Folgen des stressigen Stadtleben­s). Die Biologen konnten zudem nachweisen, dass Jungvögel in der Stadt anfälliger gegenüber Parasiten wie etwa Falkenlaus­fliegen sind.

Der niedrigere Carotinoid­spiegel kann auf zwei Faktoren beruhen. Zum einen könnten die Vögel weniger Carotinoid­e über die Nahrung zugeführt bekommen. Wichtiger dürfte indes der Effekt sein: dass die Carotinoid­e eher für das Immunsyste­m (etwa zur Parasitena­bwehr) aufgewende­t werden, als dass sie in Depots in die Haut eingelager­t würden. (ku)

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