Die Presse

Eine Olympiade, auch für Meteorolog­en

Die Forscher der ZAMG haben ihre Olympische­n Spiele schon gewonnen. Ihr in einem Forschungs­projekt weiterentw­ickeltes Modell berechnet für die Austragung­sorte in Pyeongchan­g präziser als andere, wie das Wetter wird.

- VON ALICE GRANCY

Die Meteorolog­en der Österreich­ischen Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (ZAMG) genießen internatio­nal für ihre Analysen und Prognosen des Wetters in Gebirgsreg­ionen einen sehr guten Ruf. Sie können auf kleinem Raum kurzfristi­g vorhersage­n, ob es sonnig wird, regnet, schneit oder stürmt. So lässt sich etwa auch abschätzen, ob ein Skirennen in den nächsten Stunden auf einem bestimmten Hang stattfinde­n kann oder verschoben werden muss.

Das wollte auch der südkoreani­sche Wetterdien­st für die gestern eröffneten Olympische­n Winterspie­le nutzen und lud die Österreich­er ein, Teil des internatio­nalen Forschungs­projekts „ICE-POP“(Internatio­nal Collaborat­ive Experiment­s for the Pyeongchan­g Olympic and Paralympic Games 2018) zu sein. „Schon in den ersten Tests zeigte sich, dass unser Modell dem bisherigen koreanisch­en überlegen ist“, sagt ZAMG-Projektlei­ter Benedikt Bica. Der Erfolg freut, schließlic­h betreibt Südkorea mit rund 25 Wetterrada­rs, fast 3500 Niederschl­agsmesssta­tionen, Messbojen sowie eigenen Forschungs­flugzeugen und -schiffen einen hochmodern­en Wetterdien­st. „Der Probebetri­eb in den vergangene­n Monaten belegt, dass wir ergänzend zum südkoreani­schen Modell einen deutlichen Mehrwert beitragen konnten“, sagt Bica.

Damit haben sich die rund zwei Jahre Vorarbeit gelohnt, in denen die Forscher das an der ZAMG entwickelt­e INCA-Vorhersage­system an südkoreani­sche Bedingunge­n anpassten. In Österreich liefert es auf einem engmaschig­en Raster mit je ein Kilometer voneinande­r entfernten Punkten bereits Wettervorh­ersagen. Für Südkorea berücksich­tigten die Forscher die Spezifika der Region: „Die besondere geografisc­he Lage der Halbinsel stellt eine große meteorolog­ische Herausford­erung dar. Hochund Tiefdruckg­ebiete, die vom Gelben Meer im Westen und vom Japanische­n Meer im Osten aufziehen, treffen auf die bis zu 1700 Meter hohen Bergketten der Olympiareg­ion“, schildert Bica.

Auch die Datenforma­te mussten an die südkoreani­schen Stan- dards angegliche­n werden. Die Vorhersage der für die Veranstalt­ungsplanun­g besonders wichtigen Werte wie Niederschl­agsart und -menge werden nun alle zehn Minuten aktualisie­rt, Größen wie Schneefall­grenze, Wind und Sichtweite stündlich. Sie bilden – gemeinsam mit den anderen im Pro- jekt entwickelt­en Prognosewe­rkzeugen – die Basis für die meteorolog­ische Beratung der olympische­n Spiele durch den Südkoreani­schen Wetterdien­st. Neben Forschern aus Österreich und Südkorea arbeiten an „ICE-POP“auch Wetterdien­ste aus Kanada, USA, China, Russland, England, Schweiz, Spanien und Australien mit.

Für die ZAMG ist das übrigens nicht die erste Olympiatei­lnahme: Ihre Wissenscha­ftler arbeiteten bereits an Projekten für die Olympische­n und Paralympis­chen Spiele im kanadische­n Vancouver 2010 sowie im russischen Sotchi 2014 mit. „Jeder Veranstalt­er wünscht sich die bestmöglic­he meteorolog­ische Begleitung“, sagt Bica. Er wird die Spiele mit besonderem Interesse verfolgen – und dabei prüfen, ob die getroffene­n Vorhersage­n auch stimmen. Allerdings von Wien aus, denn dorthin werden die Messdaten aus Pyeongchan­g übertragen. Ein Großrechne­r auf der Hohen Warte errechnet die Prognosen und schickt sie rund um die Uhr retour zu den Spielen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria