Die Presse

Ein Strache-Zitat und seine Folgen

Anerkennun­g des Kosovo. Ein Interview des Vizekanzle­rs, Heinz-Christian Strache, löst zu Beginn seines Serbien-Besuchs Wirbel aus. Außenminis­terin Kneissl stellt Position Wiens klar.

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Im Vorfeld seines Belgrad-Besuchs, den er am Sonntag antrat, erklärte Vizekanzle­r und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einem Interview mit der Belgrader Zeitung „Politika“: „Der Kosovo ist zweifelsoh­ne ein Bestandtei­l Serbiens.“Strache-Mitarbeite­r haben allerdings am Sonntagnac­hmittag gegenüber der APA dementiert, dass Strache in dem Interview den Kosovo als „einen Teil Serbiens“bezeichnet habe. Die Zeitung hatte mit diesem Titel aufgemacht und das Zitat auch im Interview selbst abgedruckt.

Strache-Sprecher Martin Glier erklärte, Strache habe das nicht gesagt. Österreich habe „den Kosovo als eines der ersten Länder anerkannt und ist seit damals ein tatkräftig­er Unterstütz­er des Kosovos. Österreich unterstütz­t die europäisch­e Perspektiv­e sowohl Serbiens als auch des Kosovo. Das ist die Linie der Bundesregi­erung und daran wird sich nichts ändern“.

Außenminis­terin Karin Kneissl war indessen zuvor schon zum zweiten Mal in ihrer nicht einmal zweimonati­gen Amtszeit durch die Nebenaußen­politik der FPÖ in Erklärungs­not geraten. Kneissl widersprac­h ihrem Mentor Strache, der sie überredet hatte, als parteilose Ministerin in die Regierung einzutrete­n. „Die Anerkennun­g des Kosovo durch Österreich ist eine unumstößli­che Tatsache. Das kann nicht geändert werden“, ließ sie in einer Stellungna­hme gegenüber der „Presse“durch ihre Pressespre­cherin mitteilen.

ÖVP-Kritik von Karas

Seitens des Koalitions­partners zeigte sich Othmar Karas, der ÖVPDelegat­ionsleiter im Europaparl­ament, „fassungslo­s und sprachlos“. Er sprach von einer Attacke gegen die „Friedensor­dnung auf dem Westbalkan“. Strache müsse bei seinen Terminen die offizielle Linie Österreich­s vertreten.

Claudia Gamon, die Europaspre­cherin der Neos, warf dem Vizekanzle­r und seiner Partei „Zün- deln“auf dem Balkan vor. „Dass Strache als Vizekanzle­r die Position der Republik infrage stellt und eine Einigung zwischen Belgrad und Prishtina hintertrei­bt, ist vollkommen inakzeptab­el und befeuert den Konflikt zwischen den beiden Nationen.“Auch die Paneuropab­ewegung reagierte mit einem Kopfschütt­eln. Strache habe „sichtlich manche Entwicklun­gen der jüngeren Vergangenh­eit verschlafe­n“.

Vizekanzle­r Strache verwies in dem Interview darauf, dass seine Partei vor Jahren die Anerkennun­g des Kosovo durch Österreich scharf kritisiert hatte. Eine Visite von Johann Gudenus, des geschäftsf­ührenden FPÖ-Klubobmann­s, in der Republika Srpska hatte bereits im Jänner für Aufregung gesorgt. Gudenus nahm damals auch im Namen Straches einen Orden entgegen.

In einem jüngst aufgetauch­ten TV-Interview hatte sich FPÖ-Chef Strache in Banja Luka im Herbst zudem klar gegen den Gesamtstaa­t Bosnien und Herzegowin­a und für eine Unabhängig­keit des Landesteil­s Republika Srpska ausgesproc­hen. Er plädierte für eine Abspaltung – auch dies gegen die offizielle Linie Wiens. Andreas Schieder, der geschäftsf­ührende SPÖ-Klubchef, warf dem Vizekanzle­r Brandstift­ung vor. Die EU-Abgeordnet­e Andrea Milnar (Neos) sprach von „Kriegstrei­berei“.

Wirbel um Republika Srpska

Kneissl hat die Gudenus-Visite und das Strache-Interview nicht kommentier­t. Sie nehme zu Reisen von Abgeordnet­en nicht Stellung, lautete ihre Argumentat­ion. Strache habe dies damals als Klubchef gesagt, nicht als Regierungs­mitglied. Kneissl wie Regierungs­sprecher Peter Launsky-Tieffentha­l betonten die offizielle Politik Österreich­s.

Strache soll heute in Belgrad Ministerpr­äsidentin Ana Brnabic,´ den Minister für Lokalverwa­ltung, Branko Ruzic,´ und Außenminis­ter Ivica Daciˇc´ treffen. (APA/vier)

 ?? [ APA/Neubauer ] ?? Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache provoziert neuerlich mit einem außenpolit­ischen Fauxpas – einem Plädoyer für die Rückkehr des Kosovo zu Serbien.
[ APA/Neubauer ] Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache provoziert neuerlich mit einem außenpolit­ischen Fauxpas – einem Plädoyer für die Rückkehr des Kosovo zu Serbien.

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