Schutzsuchende: Das Dilemma von Rassismus und Mitgefühl
Viele Bürger fühlen sich im Zwiespalt: Sie schwanken bei Neuankömmlingen zwischen Mitgefühl und Unbehagen. Politik und Medien brauchen klare Sprache.
Die kürzlich verstorbene Ute Bock war eine einfache Frau, die schlicht ihren Mitmenschen helfen wollte. Doch sie war auch ein Symbol und rief zwiespältige Reaktionen hervor, die von Verehrung bis zu Hass reichten. In den vergangenen Jahrzehnten erlebte Österreich immer wieder Flüchtlingswellen, die stets eine große Welle der Hilfsbereitschaft auslösten: Man denke an den Ungarnaufstand 1956, die „Boat People“, die Polenkrise 1981 oder die Balkankriege in den 1990er-Jahren. Die Aktion „Nachbar in Not“war ein Symbol dafür.
Für die Politik darf Mitleid allein jedoch kein Maßstab sein. Das zeigte etwa das Jahr 2015. Die offenen Grenzen, das Ausklinken des Rechtsstaates, überforderte staatliche Institutionen und eine ratlose Ordnungsmacht ließen zwar die sogenannte Zivilgesellschaft eine Hochblüte erleben, das Gros der Bürger aber blieb verunsichert zurück.
Die Geschehnisse waren undurchsichtiger als zuvor. Es war eine echte Fluchtbewegung, Menschen, die vor einem Krieg in ihrer Heimat Sicherheit suchten. In deren Windschatten kamen aber auch viele illegale Migranten, die das Chaos ausnützten, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Dazu hatten sich auch noch Terroristen in die Flüchtlingsströme eingereiht, die in Europa Angst und Schrecken verbreiten wollten.
Dieses Durcheinander macht uns noch heute zu schaffen – nicht nur den Behörden, die die Asylverfahren durchführen müssen. Wer ist da in den letzten Jahren tatsächlich gekommen? Aus welchen Motiven? Mit welcher Absicht? Wollen und dürfen sie bei uns bleiben? Für wie lange? Wollen sie Teil unserer Gesellschaft werden oder lehnen sie unsere Werte ab?
Auch in der EU dürfte, was die Begrifflichkeit und die Strategie betrifft, Verwirrung herrschen. Im Jahr 2016 schlug die Kommission einen sogenannten „EUNeuansiedlungsrahmen“vor. Personen, hieß es da, die internationalen Schutz benötigten, also Flüchtlingen, sollte ein si- cherer Weg nach Europa gewährleistet werden. Der Text verweist auf eine Reform der gemeinsamen Asylagenda und der Migrationsagenda. Was also nun? Migration oder Asyl?
In den Medien herrscht die gleiche Begriffsverwirrung. Wenn es etwa um Facharbeitermangel geht, werden die Flüchtlinge ins Spiel gebracht. Dies ist allerdings falsch gedacht, denn Asyl erhält man nicht, weil man als Arbeitskraft gebraucht wird, sondern weil das Leben bedroht ist oder man verfolgt wird.
Es braucht hier dringend eine Klarstellung der Dinge. Für Asylwerber gilt die Flüchtlingskonvention. Davon unberührt hat jeder Staat das Recht, ja die Pflicht, die Zuwanderung zu steuern und zu begrenzen. Er darf und soll Bedingungen und Anforderungen stellen, und er darf abweisen und abschieben.
Derzeit werden jede sachliche Debatte, jeder realpolitische Ansatz und die entsprechenden Maßnahmen von manchen postwendend zum „Rassismus“erklärt und damit abgewehrt und abgewertet. Damit aber tut man weder dem Land und seinen Bürgern noch den Neuankömmlingen etwas Gutes.
Es braucht hier eine Klärung in der Wortwahl und in der Strategie. Vermeidet man den ehrlichen Diskurs weiterhin oder wehrt ihn unter dem Schlagwort „Rassismus“ab, werden uns die Probleme bald noch mehr über den Kopf wachsen. So wie das Unbehagen zunehmen wird, das sukzessive in Ablehnung umschlagen könnte.
Eine verantwortungsvolle Politik stellt sich den Problemen und setzt angemessene und wohlüberlegte Maßnahmen. Grenzenloses Mitleid kann keine Kategorie der Politik und der Behörden sein. Sie haben das Wohl aller und das Recht im Auge zu behalten. Einzelpersonen und private Institutionen sollten hingegen weiterhin Mitgefühl und Mitmenschlichkeit bewahren – und diese grenzenlos.