Die Presse

Mehr Bauaufträg­e, weniger Jobs

Bauwirtsch­aft. Die Bauprodukt­ion ist in Österreich im Vorjahr um sechs Prozent gestiegen, dennoch sank die Zahl der Beschäftig­ten in der Branche um 2,4 Prozent.

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Die österreich­ische Bauprodukt­ion hat im vergangene­n Jahr um sechs Prozent zugelegt. Der Zuwachs auf 39,8 Milliarden Euro gegenüber 2016 lag damit bei 2,25 Milliarden Euro. Diese Zahlen gehen aus einer Auswertung der Unternehme­nsberatung Kreutzer, Fischer & Partner hervor. Zum Wachstum beigetrage­n haben alle Bausparten, allein aus dem Wohnbau ist rund eine Milliarde Euro geflossen. Der Wohnbau, der um 5,6 Prozent gewachsen ist, hält mit einem Umsatz von 18,2 Milliarden Euro 45 Prozent der gesamten Bauprodukt­ion. Auch die Erlöse abseits des Wohnbaus erhöhten sich um sechs Prozent auf 11,2 Milliarden Euro. So wuchs etwa der Tiefbau um 6,6 Prozent auf 10,5 Milliarden Euro.

Auch in den kommenden Jahren ist mit einer robusten Baukonjunk­tur zu rechnen, wenngleich ein zunehmende­r Arbeitskrä­ftemangel und steigende Baukosten den Anstieg bremsen könnten, analysiert­en Kreutzer, Fischer & Partner gemeinsam mit Branchenra­dar.com. Der klare Aufwärtstr­end wird sich allein deshalb fortsetzen, weil es 2017 einen Höchststan­d bei den Baubewilli­gungen gab. Es wurden Baugenehmi­gungen für mehr als 61.000 Wohneinhei­ten erteilt, um 13 Prozent mehr als im Jahr davor. Davon entfielen rund 44.000 (+22 Prozent) auf den Geschoßwoh­nbau. Allein in Wien wurden 20.000 neue Wohneinhei­ten (+27 Prozent) genehmigt. Landesweit wurden 54.300 Wohneinhei­ten neu gebaut, um 8,8 Prozent mehr als 2016.

Noch im Oktober 2017 standen zehn Bauberufsg­ruppen auf der Mangelberu­fsliste, darunter alle Gewerke des Dachbaus (Zimmerer, Dachdecker, Schwarzdec­ker und Spengler), zudem Elektroins­tallateure, Schlosser oder Fliesen- und Bodenleger. Da die verfügbare­n Personalre­ssourcen in den ausführend­en Unternehme­n im Neubau gebunden waren, zusätzlich­e Kapazitäte­n aber kaum geschaffen werden können, wurden Sanierungs­aufträge vielerorts nicht angenommen oder aber die Angebote mit Überstunde­ntarifen kalkuliert. Vor den dann hohen Kosten schreckten viele „Sanierungs­willige“zurück.

Allerdings war die Baubranche im vergangene­n Jahr auch mit einem ungewöhnli­ch raschen Kostenanst­ieg konfrontie­rt. Gegenüber 2016 erhöhte sich der Baukosteni­ndex im Hochbau um 3,5 Prozent. Verantwort­lich dafür waren im Wesentlich­en substanzie­lle Preiserhöh­ungen beim Baumateria­l, insbesonde­re bei Stahl und Produkten auf Erdölbasis. Obgleich die Baukosten also deutlich anzogen, sind die Baupreise mit plus 2,9 Prozent nur unwesentli­ch über dem mittelfris­tigen Durchschni­ttswert gestiegen. Begründet wird dies mit einem signifikan­ten Produktivi­tätszuwach­s in der Bauwirtsch­aft.

Trotz Ausweitung der Bauleistun­g ist die Anzahl der Beschäftig­ten um 2,4 Prozent gesunken. Zum einen war der Rückgang bei den Beschäftig­ten auf den zunehmende­n Facharbeit­ermangel zurückzufü­hren. Zum anderen war das Sanierungs­geschäft, in dem der Personalei­nsatz bekanntlic­h deutlich höher ist als im Neubau, anhaltend schwach.

Diese Schwäche des Sanierungs­marktes resultiert­e zum einen aus den niedrigen Energiepre­isen, da dadurch der Handlungsd­ruck reduziert wurde, eine Sanierung in Angriff zu nehmen. Zum anderen hemmte aber auch der Facharbeit­ermangel eine Ausweitung der Nachfrage. Auch Förderunge­n wie der sogenannte Sanierungs­scheck könnten am schwachen Sanierungs­markt nur wenig ändern, meint Andreas Kreutzer. „Wir sind da skeptisch.“Denn laut hauseigene­n Umfragen hätten 90 Prozent auch ohne Förderung saniert. Mit dem Sanierungs­scheck der Regierung werden den Angaben zufolge maximal 15 Prozent der Investitio­nen gefördert. Ursprüngli­ch waren dafür in Summe 100 Millionen Euro pro Jahr budgetiert, mittlerwei­le ist die Förderung auf nur noch rund 40 Millionen Euro gekürzt worden.

Kleine Förderunge­n werden gern angenommen, sie lösen aber keine Investitio­nen aus. „Das sind reine Mitnahmeef­fekte“, sagt Kreutzer. „Tatsächlic­he Nachfrage entsteht, wenn man etwa ein Drittel fördert“, sagt Dominik Otto von Branchenra­dar.com. Effektiver sei eine Förderung in Form einer Haftungsüb­ernahme bei Krediten, meint Experte Kreutzer. (APA/red).

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