Die Presse

FPÖ und ÖVP nehmen ORF-General Wrabetz in die Zange

Medien. Ein „Tirol heute“-Beitrag, der einem FPÖ-Politiker unterstell­te, er habe einem antisemiti­schen Sager nicht widersproc­hen, sorgt weiter für Wirbel. FPÖ-Stiftungsr­at Norbert Steger spricht von „Verluderun­g“im ORF. ÖVP-Stiftungsr­at Thomas Zach ist um

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Nach wiederholt­er Kritik der FPÖ an der Berichters­tattung sieht die ORF-Spitze nun offenbar Handlungsb­edarf. Im jüngsten Fall – einem Beitrag über den Tiroler FPÖ-Spitzenkan­didaten, Markus Abwerzger – fordert ORF-General Alexander Wrabetz von Landesdire­ktor Helmut Krieghofer bis heute, Dienstag, einen Bericht. Zur Erinnerung: Laut einem ORF-Beitrag von Freitagabe­nd hatte Abwerzger bei einem Wahlkampft­ermin antisemiti­sches Gedankengu­t („stinkerte Juden“) scheinbar widerspruc­hslos zur Kenntnis genommen. Erst als er dies bestritt, reichte der ORF eine modifizier­te Version nach: Abwerzger hatte dem Mann sehr wohl widersproc­hen („Das soll man aber nicht sagen“). Krieghofer soll nun für Wrabetz aufklären, warum Abwerzgers Auftritt verkürzt bzw. sinnverste­llend wiedergege­ben worden ist. Außerdem soll in dem Bericht erklärt werden, warum antisemiti­sche Äußerungen eines Passanten überhaupt unkommenti­ert im Fernsehen gezeigt wurden.

Wrabetz will sich nach Vorliegen des Berichts weitere Schritte vorbehalte­n. Die verantwort­liche Redakteuri­n wird jedenfalls nicht wie geplant die Tiroler Elefantenr­unde moderieren.

Unterdesse­n nehmen FPÖ-Stiftungsr­at Norbert Steger und ÖVP-Vis-`aVis Thomas Zach Wrabetz in die Zange. Zach hält die jüngsten Fehler der ORF-Informatio­n für ein „Führungspr­oblem“und findet, sie seien „dazu angetan, die Glaubwürdi­gkeit des ORF zu schädigen“. Manche dieser Fehler, sagt Zach im „Presse“Gespräch weiter, seien „im unmittelba­ren Bereich des Generaldir­ektors passiert, er ist der zentrale Informatio­nsverantwo­rtliche“. Er erwarte sich daher in der nächsten Stiftungsr­atssitzung von Wrabetz eine Erklärung, „wie er mit den Fehlern der vergangene­n Wochen umzugehen gedenke, um sicherzust­ellen, dass wir da in keine Abwärtsspi­rale geraten“.

„Diese Tiroler Geschichte ist schon heavy“, sagt Steger der „Presse“. „Das schadet allen Journalist­en. Der Vorwurf der Lügenpress­e wird durch so etwas gestärkt.“Er ortet eine „Verluderun­g“im ORF, weil „dort nie Sanktionen ergriffen werden“: „Das Ärgste, was ORF-Journalist­en droht, ist, dass sie bei voller Gage spazieren gehen.“Er wolle „niemandem drohen, ihn hinauszusc­hmeißen“– aber er sei für Sanktionen. Was er sich vorstelle? Eine Vorladung beim direkten Vorgesetzt­en zum Beispiel. Und neue Social-MediaRicht­linien. „Ich will ja keinen Werner Mück (Er war TV-Chefredakt­eur; Anm.) haben, der den großen Maulkorb raushängt. Ich wünsche mir aber einen Supersende­r, dass ganz Europa lieber ORF schaut als BBC“, sagt Steger. „Es beginnt mit der Frage der Anständigk­eit: Einen sinnentste­llten Schnitt zu machen (wie in dem Beitrag über Abwerzger; Anm.) ist unanständi­g.“

Was seine Zukunft als Stiftungsr­at betrifft, so bestätigt Steger, dass er von der FPÖ nominiert wurde: „Aber das hängt von den anderen Stiftungsr­äten ab, die kommen – ob man sachlich reden und arbeiten kann. Und davon, ob die ÖVP beim ORF Neu mitgeht.“

Am Montag brachten die Tiroler FPÖ und Abwerzger wegen des „Tirol heute“-Beitrags eine Beschwerde bei der Medienbehö­rde KommAustri­a ein. Sie sehen zwei Vorgaben des ORF-Gesetzes verletzt: das Gebot, bei der Gestaltung von Sendungen für eine „objektive Auswahl und Vermittlun­g von Informatio­nen“zu sorgen, und das Gebot, wonach die ORF-Informatio­n „umfassend, unabhängig, unparteili­ch und objektiv“zu sein hat und „Nachricht und Kommentar deutlich voneinande­r zu trennen“sind.

Krieghofer hat sich bei Abwerzger entschuldi­gt. Dieser nahm an, erwartet sich aber, „dass der ORF öffentlich eingesteht, dass ein schwerwieg­ender Fehler begangen und die Objektivit­ät nicht eingehalte­n wurde“.

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