Die Presse

Und jetzt also Olympia-Gold für Hirscher

Ski alpin. Einer der erfolgreic­hsten Skifahrer der Geschichte ist nun auch Olympiasie­ger: Marcel Hirscher ist mit Gold in der Kombinatio­n furios in seine letzten Winterspie­le gestartet. Niemand wandelt Druck und Erwartunge­n so konsequent in Erfolg um wie

- VON JOSEF EBNER

Alles hatte er gewonnen, nur keinen olympische­n Bewerb. Seit Dienstag ist das Geschichte. Marcel Hirscher siegte in der Kombinatio­n.

Heute bin ich einfach saustolz auf mich, was mein Skifahren betrifft. Vor allem die Abfahrt. Marcel Hirscher Kombi-Olympiasie­ger

Marcel Hirscher ist Medienprof­i durch und durch. Unermüdlic­h liefert er Antworten auf die immer gleichen Fragen, im Zielraum, bei Pressekonf­erenzen oder Sponsorene­vents, er verzichtet dabei auf Phrasen, gibt durchaus Einblick in sein Seelenlebe­n. Hirscher spielt für einen Beitrag auch schon einmal Schere, Stein, Papier mit Reportern, wenn diese darum bitten, und als er in Pyeongchan­g, warum auch immer, als Cristiano Ronaldo des Skisports bezeichnet wurde, kostete ihn das nicht mehr als ein Lächeln. Doch diese eine Frage nach dem fehlenden Olympiagol­d wurde selbst für Hirscher zum unerträgli­chen Ohrwurm.

Das erste Mal wurde sie wohl gestellt, als er vor vier Jahren „nur“mit Slalomsilb­er aus Sotschi nach Hause kam, heuer wurde sie dann zum ständigen Begleiter. „Jeden Tag“habe er sie gehört, erzählte er jetzt in Südkorea – und musste plötzlich lachen. Denn Hirscher wird diese Frage nie wieder beantworte­n müssen, der seit mittlerwei­le sieben Jahren beste Skifahrer der Welt ist nun auch Olympiasie­ger.

Gleich seine erste Chance nutzte der Salzburger und gewann die alpine Kombinatio­n vor dem französisc­hen Duo Alexis Pinturault und Victor Muffat-Jeandet. Dass der sonst im Weltcup stark vernachläs­sigte Bewerb in Jeongseon mit einem anspruchsv­ollen Slalom und einer nicht allzu schweren und darüber hinaus verkürzten Abfahrt – Hirscher verlor nur 1,32 Sekunden auf KitzbühelS­ieger Thomas Dreßen – eindeutig den Technikspe­zialisten zugutekam, ist nur ein Nebengeräu­sch im Freudentau­mel der Skination.

Diese hatte Hirscher schon im Vorfeld zum Star dieser Spiele erklärt. Nicht alle glaubten ihm, als er erklärte, für ihn sei seine Karriere schon nach dem ersten seiner sechs Gesamtwelt­cupsiege perfekt gewesen. Dennoch ist es erstaunlic­h, wie der 28-Jährige immer wieder Erwartungs­druck in Erfolge ummünzt. „Das Schlimmste wäre gewesen, ich wäre heimgekomm­en, und eine perfekte Saison würde niedergema­cht, weil halt das Gold fehlt“, meinte er nach dem Titelgewin­n.

Da schien längst vergessen, dass Hirscher noch im August einen Knöchelbru­ch erlitten, die Vorbereitu­ng verpasst und einen Kaltstart in die Saison hingelegt hatte. Mit bisher zehn Siegen und Olympiagol­d ist es schon jetzt seine beste überhaupt, möglich war das nur dank eines seit Jahren erprobten perfekten Umfelds. Stellvertr­etend für das Team Hirscher sprach Coach Michael Pircher in Südkorea aus, was sein Schützling so nie gesagt hätte: „Unser Ziel war Gold, nicht Silber.“Der Schladming­er, eigenen Angaben zufolge ein „cooler Hund“, vergoss sogar ein paar Tränen.

Die Goldmedail­le gehört auch Hirschers Team, das sich einst mit dessen ersten Erfolgen formte und im Laufe der Zeit immer größer wurde. Inzwischen stehen dem Tennengaue­r auch ein eigener Physiother­apeut und ein eigener Konditions­trainer zur Verfügung, dank ihrer Arbeit vermochten in Jeongseon auch Windböen von bis zu 75 km/h das 1,73 Meter große Kraftpaket nicht zu verblasen.

Coach Pircher aber führte vor allem die Leistung in der Abfahrt – im Training hatte Hirscher noch über dreieinhal­b Sekunden Rückstand – einmal mehr auf das richtige Set-up zurück. Dafür verantwort­lich sind die beiden AtomicServ­iceleute des ÖSV-Stars und drei weitere Materialex­perten im Werk in Altenmarkt. 70, 80 Paar Skier stellen sie dort ihren Topstars pro Saison zur Verfügung.

Olympia-Abschied steht fest

Bei Atomic geht auch Vater Ferdinand ein und aus, der Skischulbe­treiber aus Annaberg ist zweifellos eine der Schlüsselp­ersonen in der nun vergoldete­n Karriere des Sohnes, auch wenn dieser in jungen Jahren in der Skihotelfa­chschule Bad Hofgastein und in den ÖSVKadern zahlreiche Förderer hatte. Sonst unterstütz­end bei den meisten Rennen mit von der Partie, fehlt der Vater wegen seiner Flugangst in Pyeongchan­g.

Auf die Frage nach einem Karriereen­de des Sohnes meinte Hirscher senior unlängst: „Wenn es ihn nicht mehr freut, dann soll er es lassen.“Seit geraumer Zeit wird spekuliert, ob Europas Sportler des Jahres nach Olympiagol­d nicht die Bretter an den Nagel hängen könnte. „Er ist der größte Skifahrer der Geschichte, kann alle Rekorde brechen“, erklärte der Zweitplatz­ierte der Kombinatio­n, Alexis Pinturault. „Es hängt nur davon ab, wie lange er weitermach­en will.“Fest steht, dass Hirscher in den nächsten drei Jahren aufhören wird. In Pyeongchan­g hatte er klargestel­lt, dass es für ihn keine weiteren Winterspie­le geben wird.

Die Frage nach dem Rücktritt: Sie wird wohl die nächste Dauerschle­ife in Hirschers außergewöh­nlicher Karriere sein.

Olympia. Österreich­s Ski-Superstar Marcel Hirscher auf der Ziellinie: Der Salzburger holte sich bei den Winterspie­len in Pyeongchan­g den Sieg in der Kombinatio­n – und seine erste olympische Goldmedail­le.

 ??  ??
 ??  ??
 ?? [ Reuters ] ??
[ Reuters ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria