Die Presse

Wie die FPÖ braune Flecken sucht

Historiker­kommission. Der frühere FPÖ-Politiker Wilhelm Brauneder leitet die Aufarbeitu­ng der Parteigesc­hichte. Aber auch kritische Historiker sollen eingebunde­n werden.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Die FPÖ stellt sich ihrer Geschichte – zumindest in Form einer historisch­en Aufarbeitu­ng. Generalsek­retär Harald Vilimsky und die Klubchefs Walter Rosenkranz und Johann Gudenus stellten am Dienstag die weitere Vorgangswe­ise vor.

1 Welchen Auftrag erhält die Historiker­kommission von der Partei?

Auslöser war die Affäre um den niederöste­rreichisch­en Spitzenkan­didaten Udo Landbauer und das in der Burschensc­haft Germania verwendete Liederbuch. Untersuche­n soll die Kommission aber nicht die Geschichte des dritten Lagers, sondern nur jene der Freiheitli­chen Partei. Die Begründung dieser Einschränk­ung: Bei den kritisiert­en Burschensc­haften handle es sich um private Vereine. Und diese könne man nicht zwingen, ihre Archive zu öffnen. Die Kommission solle unabhängig agieren und „alle Vorwürfe aufgreifen“, so Rosenkranz.

2 Welche Historiker gehören der Kommission an?

Bisher ist nur der Vorsitzend­e bekannt: Wilhelm Brauneder (75) ist zwar kein Historiker, sondern Jurist, war aber Professor für Rechtsgesc­hichte an der Universitä­t Wien. Für die FPÖ saß er 1994–1999 im Nationalra­t, 1996 wurde er zum Dritten Präsidente­n gewählt. Er soll sich sein Kernteam aus einer Liste von 30 bis 50 Historiker­n aussuchen. Auch dem dritten Lager gegenüber kritisch eingestell­te Wissenscha­ftler sollen über Hearings in die Untersuchu­ngen eingebunde­n werden. Brauneder ist aber auch selbst nicht unumstritt­en. Nicht nur, weil er Beiträge für die Zeitschrif­t „Aula“verfasste, sondern auch, weil er 1987 als Dekan der Juridische­n Fakultät eine Veranstalt­ung des deutschen Rechtsextr­emen Reinhold Oberlerche­r genehmigt hat, bei der die Truppe um den Rechtsextr­emen Gottfried Küssel für den Saalschutz gesorgt haben soll. Brauneder rechtferti­gte sich, er sei zwar bei der Veranstalt­ung gewesen, aber nur bis zur Begrüßung geblieben.

3 Werden kritische Historiker an den Untersuchu­ngen teilnehmen?

Das Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­s (DÖW), das dazu eingeladen ist, hat bereits seine Bereitscha­ft erklärt. Es müsse aber eine ernsthafte wissenscha­ftliche Aufarbeitu­ng anstelle eines Reinwaschu­ngsversuch­s geben, sagte DÖW-Leiter Gerhard Baumgartne­r. So gehe es beispielsw­eise um Querverbin­dungen zu Kriegsverb­rechern, die nach Südamerika geflüchtet sind, oder um die Rolle von Norbert Burger.

4 Welche Funktion hat die „Koordinier­ungsgruppe“?

Die hört sich recht nebulos an: Die Gruppe soll den Prozess der Aufarbeitu­ng „begleiten und steuern“, außerdem soll sie Kontakt zu jenen Funktionär­en und Mandataren aufnehmen, die in Kritik geraten, ohne persönlich­e Schuld auf sich geladen zu haben. Mitglieder sind etwa Hilmar Kabas, Stadträtin Ursula Stenzel, Volksanwal­t Peter Fichtenbau­er oder der Publizist Andreas Mölzer.

5 Bis wann soll die Arbeit abgeschlos­sen sein?

Bis Oktober soll es einen ersten Zwischenbe­richt geben, für den Abschluss der Arbeit ist noch kein Datum fixiert.

Die Freiheitli­che Partei bekennt sich vorbehalts­los zur Republik Österreich.

Gewalt, Totalitari­smus und Rassismus lehnen wir in jedweder Form ab.

Eine besondere Verantwort­ung sehen wir in der Ablehnung des Antisemiti­smus. Aus der „Rot-Weiß-RotErkläru­ng“der FPÖ

Newspapers in German

Newspapers from Austria