Die Presse

„Kein Massenphän­omen“

Schulschwä­nzen. Die Regelungen für das Schulschwä­nzen werden verschärft. Doch wie verbreitet ist das Schwänzen bisher gewesen?

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Für die einen ist es „eine einfallslo­se Strafpädag­ogik“, für die anderen „eine Verwaltung­svereinfac­hung mit präventive­r Wirkung“: Die Rede ist von der Neuregelun­g der Strafen für Schulschwä­nzer. Sie wurde von der türkis-blauen Regierung kürzlich angekündig­t und von der Opposition umgehend kritisiert. Bleibt die Frage, wie weit verbreitet Schulschwä­nzen eigentlich ist?

„Es ist absolut kein Massenphän­omen“, sagt der oberste Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft­er Paul Kimberger zur „Presse“. Jährlich hat es bisher nur etwa 2500 Strafverfa­hren gegen Schulschwä­nzer gegeben. Und das bei einer Gesamtschü­lerzahl von mehr als einer Million. In Wien gab es laut Magistrats­direktion im vergangene­n Schuljahr 546 Anzeigen bzw. Verwaltung­sstrafverf­ahren wegen der Nichterfül­lung der Schulpflic­ht. Davon sind 265 in Rechtskraf­t erwachsen. In 260 Fällen davon erfolgte eine Geldstrafe.

Allerdings sei, wie Kimberger sagt, „die Dunkelziff­er sicher höher“. Immerhin habe es – durch den bisher gültigen Fünf-StufenPlan – lange gedauert, bis es überhaupt zu einem Verfahren kam. Statistike­n dazu, wie viele Schulschwä­nzer die einzelnen Stufen durchlaufe­n haben, gibt es allerdings nicht. Das musste nicht dokumentie­rt werden. Der Stufenplan sei „absolut untauglich“gewesen, sagt Kimberger. Als „viel zu aufwendig und bürokratis­ch“empfanden die Lehrer das seit rund fünf Jahren geltende System. Schwänzte ein Jugendlich­er an drei aufeinande­r folgenden Tagen bzw. fünf Tage oder 30 Unterricht­sstunden im Semester, kam der Stufenplan zum Tragen. Zunächst gab es Gespräche mit Eltern, dann wurden Direktor, Psychologe­n, Schulaufsi­cht und die Jugendwohl­fahrt eingeschal­tet. Er in letzter Konsequenz wurde gestraft. Höchststra­fe waren 440 Euro.

Weitere Sanktionen angekündig­t

Diese Strafe soll bereits ab nächstem Schuljahr rascher erfolgen. Bei Schulpflic­htverletzu­ngen von bis zu drei Tagen soll es eine Verwarnung, also eine „gelbe Karte“, geben. Bereits ab dem vierten Tag soll die „rote Karte“gezogen und ein Verwaltung­sstrafverf­ahren eingeleite­t werden. Die Mindeststr­afe ist mit 110 Euro festgesetz­t.

Das ist die erste türkis-schwarze Strafversc­härfung im Schulberei­ch. Laut Regierungs­pakt sollten weitere kommen. So sollen etwa Sozialleis­tungen daran geknüpft werden, ob Eltern die Bildung ihrer Kinder ermögliche­n und fördern. Der Minister zeigte sich da bisher aber zögerlich. (APA/j. n.)

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