Die Presse

Flixbus greift auf allen Fronten an

Verkehr. Europas Fernbusmar­kt ist nicht genug. Flixbus geht in die USA, auf die Schiene und lernt fliegen. Und er will aufs Land, wo der Postbus den Regionalve­rkehr beherrscht.

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Die Straßen sind eng geworden. Zuerst Deutschlan­ds Straßen, auf denen Flixbus ab 2013 nach der Liberalisi­erung des Fernbusmar­kts mit Tiefpreise­n und starken Investoren im Rücken alle Gegner aufkaufte oder verdrängte. Dann waren es Europas Straßen, wo er 2017 in 26 Ländern 40 Millionen Fahrgäste hatte und Konkurrenz wie ÖBB-Tochter Hellö oder WestbahnTo­chter Westbus in die Knie zwang.

Das Münchner Start-up, das keinen Bus besitzt, aber 250 mittelstän­dische Firmen mit 7000 Fahrern unter dem Vertriebsd­ach hat, lobte sich zum fünften Geburtstag am Dienstag, „Reisen in Europa demokratis­iert“zu haben. Die grüne Marke gab braven Buspartner­n wie Dr. Richard oder Blaguss ein lockeres Image und der jungen Zielgruppe (33 Prozent der Passagiere sind zwischen 18 und 25 Jahre) günstige Tickets. Kritiker warnen, dass Flixbus mit 94 Prozent Marktantei­l in Deutschlan­d die demokratis­chen Preise bald anheben könnte.

Dabei übersehen sie aber eines: Der Kernmarkt, der nach 2013 einen enormen Sprung machte, wächst nicht mehr. Ab 2015 pendelte sich die Fahrgastza­hl in Deutschlan­d laut Statistisc­hem Bundesamt bei 23 bis 24 Millionen ein. Auch in Österreich schätzt Flixbus-Partner und Dr. Richard-Chef Ludwig Richard die Zahl konstant. Flixbus selbst spricht von rund drei Millionen Passagiere­n in Österreich. „Preiserhöh­ungen auf breiter Front wird es nicht geben“, betonte Flixbus-Chef Andre´ Schwämmlei­n. Das hat keine altruistis­chen Gründe. Flixbus hat erkannt, dass Billigflie­ger, Bahn und Auto die wahre Konkurrenz sind. Aufschläge für Reservieru­ngen oder Gepäck werden wohl kommen, teurer als die anderen will Flixbus aber nicht sein. Und das Augenmerk liegt nicht mehr – nur – auf Expansion: Neben Eröffnunge­n in Skandinavi­en und an der US-Westküste will die Firma 2018 vor allem durch Kooperatio­nen wachsen. Mit der Lufthansa-Gruppe spricht sie über Kombi-Tickets für Flug und Bus, schrieb die „Süddeutsch­e Zeitung“am Dienstag. In Deutschlan­d, Österreich und Tschechien vertreibt Flixbus seit einiger Zeit Bahnkarten, etwa von der Westbahn.

Die Münchner haben erkannt: Wer dem Kunden die letzte Meile erleichter­t, hat das Rennen gewonnen. Dazu passt eine weitere Ankündigun­g: Im DACH–Raum sollen 2018 140 Haltestell­en „in ländlichen Regionen und kleineren Städten“eröffnen. Damit käme man in Österreich den ÖBB-Postbussen nah, die 2017 217 Millionen regionale Pendler chauffiert­en. Richard sieht nur eine kleine Schnittmen­ge. Aber auf Strecken, wo der Fernbus plötzlich Zwischenst­opps am Land einlegt, könnten die Anbieter aufeinande­rstoßen. Bei den ÖBB glaubt man nicht, dass Flixbus an den subvention­ierten Nahverkehr­sstrecken selbst interessie­rt sind. Diese würden schließlic­h weniger für den Profit denn als Mittel gegen Landflucht betrieben. (loan)

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[ Reuters ]

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