Die Presse

„Flachland-Exot“aus Wien

Snowboard-Cross. Lukas Pachner, 26, ist der erste Wiener seit 1964 bei Winterspie­len. Sein Kreativtra­ining: Wakeboarde­n am Handelskai.

- VON MARKKU DATLER

Ein Wiener bei Winterspie­len? Was an sich nach Utopie klingt, wird heute bei Olympia in Pyeongchan­g Wirklichke­it. Lukas Pachner, 26, lebt zwar jetzt in Großrußbac­h bei Korneuburg und wird deshalb vom ÖOC formal als „Niederöste­rreicher“in den Listen geführt, doch an der Tatsache, dass er in Wien geboren wurde, auch aufgewachs­en ist und das TGM absolviert hat, daran gibt es kein Umhinkomme­n. Er wurde beim Wiener Skiverband groß, schulte sein Geschick unter WSV-Trainer Alexander Dienst. Und jetzt steht der vollbärtig­e Snowboard-Crosser bei den Spielen am Start – als erster Wiener seit 1964 und dem Nordischen Kombiniere­r Leopold Kohl, einem Eisenbahne­r, der in Innsbruck dabei war.

Pachner mag zwar ein Spätberufe­ner in einer eher rauen Zunft sein, im Snowboard-Cross zählen Speed, Ellbogente­chnik und Kraft, doch ihm macht sein Sport Spaß. Und die Karriere kennt nur eine Richtung: steil bergauf. Vor drei Jahren gewann er einen Monat nach einem Crash mit schwerer Gehirnersc­hütterung sein erstes Europacupr­ennen in Leukerbad. 2015 schaffte er den Sprung ins Weltcuptea­m, landete im Vorjahr zweimal als Zweiter auf dem Podest und schaffte als Nummer drei im Team die Olympia-Qualifikat­ion.

Surfen, um zu boarden!

Aber Cross, was ist das? Es ist ein Mix, aus Rennen, Freestyle mit Sprüngen, direktem Vergleich gegen andere. „Du musst dich matchen, durchsetze­n“, zählte er auf. „Mann gegen Mann. Du musst dich durchsetze­n können. Wenn du nachgibst, hast du verloren.“Es sei aber „natürlich ein komplett untypische­r Sport für Wien“, erzählte Pachner der „Presse“. Er komme ja aus dem Flachland, also müsse er im Training kreativer sein. In Ostösterre­ich gebe es keine Leistungss­port-Schulmo- delle für diese Disziplin, es fehlen derartige Snowparks. Es gibt zwar den Semmering, Lackenhof und genug Pisten. Pachner bemüht aber andere Wege – und zwar im Sommer. Wakeboarde­n beim „Danube Surfer“am Handelskai sei die beste Vorbereitu­ng, hier könne er Technik und Motorik schulen. Das Motto: Surfen, um zu boarden.

Er sagte es stolz, fuhr sich durch den Bart und grinste. Seine Reise startete mit selbstbeza­hlten Auftritten in der Europacups­aison, die er als Siebenter beendete. Aufgenomme­n im ÖSV-Team, wurde er 2015 Zweiter im Europacup, im A-Kader reifte er, hat bereits drei Saisonen hinter sich. Jetzt kurvt er bei den Winterspie­len mit.

Befreit, am Ziel seiner Träume

Bei der Eröffnungs­feier wurde ihm jedoch bewusst, wofür er die vergangene­n fünf Jahre so hart geschuftet hatte. Die Spiele sind der Lohn. Zu den Favoriten zähle er gewiss nicht, aber die Vorstellun­g allein, dass ein Wiener eventuell eine Medaille bei Winterspie­len gewinnt, die ließ sogar Pachner kurz nachdenkli­ch wirken. „Ich habe keine Erwartungs­haltung“, meinte er. Dann könne er nichts verlieren. Dabei, der Wiener hat in Wahrheit alles gewonnen.

Das seit Turin 2006 im Olympiapro­gramm befindlich­e Cross ist einer der weißen Flecken in Österreich­s Erfolgsbil­anz. In der Qualifikat­ion ging es nur um die Einteilung für die Heats am Donnerstag (5.30 Uhr, live ORF eins), er konnte es kaum noch erwarten unter dem Symbol der fünf Ringe zu starten. Heißester ÖOCKandida­t für Edelmetall im Phoenix Snow Park ist aber Alessandro Hämmerle. Der Vorarlberg­er führt das von Markus Schairer, Hanno Douschan und Pachner komplettie­rte Quartett an.

Zuerst Skifahren, als ich das gescheit konnte, durfte ich Snowboarde­n. Und daran bin ich auch hängen geblieben. Lukas Pachner

 ?? [–] ?? Cross: Schneller, höher, weiter – aber gegeneinan­der in einem Lauf.
[–] Cross: Schneller, höher, weiter – aber gegeneinan­der in einem Lauf.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria