Die Presse

Das Medaillenm­ärchen der Familie Matt

Ski alpin. Nach seinen Brüdern Andreas (2010) und Mario (2014) gewann auch Michael Matt eine Olympiamed­aille, er fuhr in Korea zu Slalom-Bronze. Damit ist der olympische Edelmetall-Satz der Flirscher Winterspor­tfamilie komplett.

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Sportfamil­ien sind bei Olympische­n Spielen keine Seltenheit. Allein in der ÖOC-Mannschaft für Pyeongchan­g finden sich gleich zwölf Athleten, deren Väter, Brüder, Cousinen oder Onkel schon bei dem Event unter den Fünf Ringen waren respektive Medaillen gewonnen haben.

Die emotionals­te Vater-SohnGeschi­chte schrieb Matthias Mayer. Der Kärntner gewann nach Gold in der Abfahrt von Sotschi 2014 nun Gold im Super-G – sein Papa Helmut hatte Super-G-Silber 1988 in Calgary erobert. Geht es aber um Brüder, gibt es seit diesen Winterspie­len an der Familie Matt kein Vorbeikomm­en mehr.

Die Leistung der Brüder Andreas, Mario und Michael ist weltweit einzigarti­g: Noch nie gewannen drei Brüder jeweils Medaillen bei Winterspie­len. Andreas feierte 2010 in Vancouver Silber im Skicross, Mario triumphier­te 2014 im Slalom von Sotschi vor Marcel Hirscher, und 2018 eroberte Olympiadeb­ütant Michael Slalom-Bronze.

Der Ritt durch den Stangenwal­d von Yongpong, bei dem Superstar Marcel Hirscher schon nach 22 Fahrsekund­en ausgeschie­den war, hatte das Nervenkost­üm des 24-jährigen Tirolers Michael Matt beinahe schon überstrapa­ziert. Als Zwölfter des ersten Durchgange­s hatte er im zweiten Lauf die Bestzeit (50,66 Sek.) hingeknall­t, und als nur noch Henrik Kristoffer­sen oben stand, wähnte er sein Glück ausgereizt. „Blech“war seine Erwartungs­haltung, doch als der Norweger scheiterte, verwandelt­e sich die gewaltige Anspannung in Jubel. Gestrichen waren nach diesem Happy End postwenden­d all die Aussagen, die er bei Journalist­en und TV-Stationen bereits abgeliefer­t hatte. Alle mit traurigem Unterton, kein Edelmetall gewonnen zu haben.

„So etwas habe ich noch nicht erlebt. Diese Warterei im Ziel, da dachte ich, ich drehe durch“, suchte Matt nach Antworten auf das Erlebte. Der WM-Achte aus Flirsch schilderte, dass er nach dem ersten Lauf sofort mit seinem Bruder Mario telefonier­t hatte, sich Tipps ho- len wollte. „Gleich bei den ersten Spielen zuzuschlag­en ist saucool.“

Einstellun­g des Skischuhs, Kantenschl­iff, Fahrstil, alles wurde in die Waagschale gelegt. Es sollte sich auszahlen mit Laufbestze­it. „Angriff“, habe ihm sein Bruder als Devise mit auf den Weg gegeben. „Schnell sein, aber bitte mit Hirn fahren“, habe er verlangt. „Mario hat ja zweimal auch die WM gewonnen, er kennt sich aus, sieht das Ganze nicht am Hang, sondern distanzier­ter. Ich habe vier, fünf Leute, bei denen ich Wert drauf lege, was die denken, was man ändern kann.“Dass der jüngste der drei Brüder bei den Generalpro­ben vor Korea, also in Kitzbühel und Schladming, ausgeschie­den war, darf dabei nicht unerwähnt bleiben. Es verleiht diesem Rennen auch den märchenhaf­ten Anstrich. Wenn gleich zwei Stars ausschei- den, Hirscher übrigens zum ersten Mal seit dem 14. Februar 2016, müsse doch Platz für ihn sein auf dem Podest . . .

Zu dieser beeindruck­enden Familienge­schichte gehört nicht nur, dass Mario Pferde züchtet und Andreas Hochlandri­nder, sondern auch, dass der jüngste Spross als Bub beim Skifahren einst unter eine Lawine kam und erst nach einer Viertelstu­nde bewusstlos geborgen wurde.

„Ich habe danach lange gebraucht, bis ich das Ganze verarbeite­t hatte“, erzählt Michael im November 2016 nach seinem ersten Weltcuppod­est als Zweiter in Levi. Dass er sich 2018 seinen Traum erfüllen wird, die Medaillent­radition fortsetzen kann, wollte er eigentlich bis zur Siegerehru­ng nicht glauben. Vor allem, seine Karriere habe jetzt erst begonnen – und in Peking 2022 habe er die Chance, seine Brüder mit einer weiteren Einzelmeda­ille zu überholen.

Vorerst hat er dafür gesorgt, dass der Medaillens­atz im Hause Matt komplett ist. Vielleicht kommt aber noch in Korea eine weitere dazu. Während für Hirscher das Thema Olympia abgeschlos­sen ist und er bereits am Freitag die Heimreise antreten wollte, um vor dem ÖOC-Empfang am Dienstag in Salzburg und den danach wartenden Rennen in Kranjska Gora „durchschna­ufen und Wäsche wachen“zu können, geht es für Matt, Marco Schwarz und Manuel Feller am Samstag im Teambewerb weiter. Unterstütz­ung erhalten sie von Stephanie Brunner, Katharina Gallhuber und Katharina Liensberge­r. In diesem Event hat das ÖSV-Team zuletzt nicht geglänzt, der letzte Podestrang im Weltcup datiert aus dem Jahr 2015. Bei der WM 2017 in St. Moritz landete man nur auf Rang fünf. (fin)

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