Die Presse

„In China werden 26 Mio. E-Roller verkauft, in Europa knapp 10.000“

Verkehr. Nirgendwo sei E-Mobilität so konkurrenz­fähig wie bei Rollern, sagt Joseph Constanty vom chinesisch­en Hersteller Niu. Die Chinesen starten eine Europa-Offensive.

- VON JAKOB ZIRM

Zu geringe Reichweite, hohe Kosten, fehlende Ladeinfras­truktur. Es sind diese drei Gründe, die einen breitfläch­igen Durchbruch der Elektromob­ilität beim Auto bislang verhindern. Zwar gab es im Vorjahr mit 5433 verkauften Fahrzeugen erneut ein Plus (42 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Sowohl relativ als auch absolut ist der Zuwachs gegenüber 2016 jedoch geringer ausgefalle­n. In Summe spielt der Anteil von Elektroaut­os mit 1,5 Prozent nach wie vor eine untergeord­nete Rolle.

Anders die Situation bei Zweirädern – vor allem bei den vornehmlic­h in den Städten genutzten Rollern. Hier wurde 2017 mit 1310 Stück bereits fast jeder zehnte Roller mit Elektromot­or ausgeliefe­rt (in Summe gab es 15.862 ausgeliefe­rte Mopeds). Gegenüber dem Jahr zuvor war das ein Plus von mehr als 100 Prozent.

Dennoch sei in Europa nach wie vor viel Luft nach oben, sagt Joseph Constanty vom chinesisch­en E-Roller-Hersteller Niu. „In China werden pro Jahr 26 Millio- nen Elektrorol­ler verkauft. In Europa sind es weniger als 10.000.“Ganz dürfte diese aus 2016 stammende Zahl aufgrund der jüngsten Zuwächse zwar nicht mehr stimmen, dennoch ist der Unterschie­d zwischen dem 500-Millionen-Einwohner-Markt Europa und dem etwas mehr als doppelt so großen China frappant. Vor allem angesichts der Tatsache, dass etablierte Fahrzeuge wie Dieselauto­s in den Städten zunehmend unter Druck geraten (siehe Artikel oben).

Erst 2014 gegründet

Ein Punkt, auf den auch Niu setzt. „In gewissen europäisch­en Städten ist die Luftqualit­ät nicht besser als in chinesisch­en Metropolen“, so der aus den USA stammende Constanty. Anders als andere chinesisch­e Firmen setzt Niu daher auch nicht auf die Expansion in anderen Schwellenl­ändern, sondern auf den Verkauf in Europa und den USA. Hier soll nun eine Offensive gestartet werden. „Wir haben ein Erste-Welt-Produkt“, so Constanty.

Bisher gibt der Erfolg dem erst 2014 gegründete­n Unternehme­n recht. Obwohl der erste Roller erst im Sommer 2015 ausgeliefe­rt wurde, konnte Niu bisher bereits 350.000 Stück verkaufen – rund 6000 davon in Europa. Beim Vertrieb setzt man auch auf etablierte Händler, um das Misstrauen der Kunden gegenüber einer chinesisch­en Marke zu zerstreuen. „Wir sind keine Firma, die billige Produkte verkauft und dann verschwind­et.“Auch die verwendete­n Teile sollen Vertrauen schaffen. Die Batterie stammt von Panasonic, der Motor von Bosch.

Je nach Modell koste ein E-Roller bis zu 3000 Euro und sei damit vergleichb­ar mit einem konvention­ellen Modell, so Constanty. Die Reichweite beträgt rund 60 Kilometer. Diese könnte künftig jedoch steigen, wovon auch bestehende Kunden profitiere­n würden. Da sämtliche Roller internetfä­hig sind, werden Updates – etwa für mehr Energieeff­izienz – auch nachträgli­ch über das Netz aufgespiel­t, ohne dass die Kunden etwas dafür tun müssen. Mit diesem Angebot hofft Niu sich einen großen Teil des E-Kuchens schnappen zu können. Bis 2020 sollen die Verkäufe in Europa auf 45.000 Stück steigen.

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