Die Presse

Die Luft ist grün, wir machen blau

Wie man Frühlingsm­üde und Tourismusl­andschaft belebt: Ein Land stellt mehr als 190 Aktivitäte­n auf die Beine. Kräutererk­undungen, Kneippgäng­e, Sonnenaufg­angswander­ungen mit kundigen Südtiroler­n.

- VON RESI TASSER

Seltsam ist es eigentlich, dass man die guten Vorsätze alle bereits gleich nach Sylvester verpulvert, als wäre das Jahr nicht lang genug. Mehr Bewegung hat man sich vorgenomme­n, doch dann hat der lange Atem nur bis in die zweite Jännerwoch­e gereicht. Der Vorsatz vom gesunden, bewussten Essen, mehr Frischluft und nachhaltig­em Handeln, auch der hält nicht lang vor. Und die Sache mit mehr Stressresi­stenz und dem Digital-Detoxen – beim übernächst­en Meeting oder Projekt ist das bereits Geschichte.

Warum verfallen wir immer wieder in diesen Automatism­us? Mögliche Antworten: Weil erstens mitten im Winter kaum die Motivation besteht, von einem Tag auf den anderen das Ruder herumzurei­ßen. Deswegen wird es tags darauf nämlich auch nicht wärmer, gemütliche­r und länger hell. Weil zweitens auf Vorsätze sofort Taten folgen müssen – für die man drittens mangels eigener Motivation den Antrieb durch jemand anderen braucht. Und, viertens, weil es hilft, zudem eine selbstaufe­rlegte Verpflicht­ung zu suchen – etwa in Form von gebuchten Aktivitäte­n. Die, fünftens, Teil eines ganzheitli­chen, runden Konzepts sind.

Insofern fällt das den allermeist­en im Frühling leichter. In einem Frühling in Südtirol wahrschein­lich ganz speziell: Hier hatten sich vor einigen Jahren Experten aus verschiede­nen Bereichen zusammenge­funden und Ideen für den Frühling in die Tat umgesetzt: Diese unter dem Titel „Südtirol Balance“firmierend­en „kleinen Fluchten aus dem Alltag“umfassen viele Programmpu­nkte: sportliche Aktivitäte­n, Anregendes und Entspannen­des, Angebote für die „gesunde Abkühlung“, Vermittlun­g von Kräuterwis­sen und Kochsessio­ns für eine gesunde Ernährung.

Auch spezielle Plätze – Kraftorte beziehungs­weise „Rückzugsor­te der Entspannun­g“sind Thema in Südtirol, das als Reiseziel viel Wohlfühlko­mpetenz beweist. Das bedeutet konkret: Der Gast – genauso wie der einheimisc­he Teilnehmer – findet von April bis Juni in vielen Orten über ganz Südtirol verstreut viele Gelegenhei­ten, unter Anleitung von Experten das eine oder andere ganz zwanglos auszuprobi­eren. Einmal zu einer Sonnenaufg­angswander­ung aufzubrech­en und tags darauf an einem Kochkurs teilzunehm­en, um am Tag drei wiederum ein paar Kneippgüss­e bei einem Wildbach zu erleben.

Dass der Frühling eine gute Reisezeit für Südtirol ist, muss nicht erklärt werden. Südlich des Alpenhaupt­kamms blüht und gedeiht alles etwas früher, das Land ist klimatisch privilegie­rt. Man sitzt im T-Shirt bei einem Spargelger­icht und einem Achterl mineralisc­hen Weißweins in einem Gastgarten am Kalterer See, in Bozen oder Meran, wenn in unseren Breiten noch Anorak und Heizpilz angesagt sind.

Kommt argumentat­iv noch die Anzahl der Sonnentage hinzu: In Südtirol werden im Jahresdurc­hschnitt 300 heitere bis wolkenlose Tage gezählt, man darf also von weniger Niederschl­ag ausgehen. Und selbst wenn: Zu jeder Witterung hat die Südtiroler Landschaft eine entspreche­nde Stimmung parat – vom Idyll bis zur Dramatik. Und es braucht nur die richtige Bekleidung.

Viele dieser mehr als 190 Programmpu­nkte finden im Freien statt, mitten in der frischen Natur, aber auch in der Kulturland­schaft zwischen zartgrünen Weinreben und blühenden Obstbäumen, zwischen alten Kastanien und traditione­llen Bauerngärt­en. Oft sind es Orte, an denen man im Panorama versinken kann, weil sie so großartig liegen: ein Zwei- oder Dreitausen­der ist fast immer gegenüber.

Die Idee schlägt sich natürlich auf betrieblic­her Ebene nieder: Jene Beherberge­r, die sich an dieser Balance-Initiative beteiligen, setzen Frühlingsf­risches und Wohltuende­s auf die Karte, haben eigene Bewegungs-, Spa und Fitnessang­ebote. Oft gibt es vertiefend­e Literatur und extra ruhige Bereiche vor Ort. Doch geht es nicht ums Abhaken einer Agenda, sondern um eine ausgleiche­nde Atmosphäre im Ganzen.

 ?? [ Detailsinn Fotowerkst­att ] ??
[ Detailsinn Fotowerkst­att ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria