Die Presse

Spezielles Terroir, besonderes Mikroklima

Die einen mögen sandigen, humusreich­en Talboden, die anderen würzige Höhenluft. Sonnenstun­den bekommen alle Pflänzchen und Früchtchen überdurchs­chnittlich viele ab.

- VON RESI TASSER

In einem Land, in dem es Devise war, jeden noch so abgelegene­n Bauernhof mit einer Straße zu erschließe­n, und mit einer Raumplanun­g, die vorsichtig mit den Flächen umgeht, entsteht vieles, was uns auch in Österreich schmeckt. Manches sind Bestseller, manches kleine Entdeckung­en. Das neben dem Speck und dem Wein wohl bekanntest­e Aushängesc­hild aus Südtirols reicher Kulturland­schaft ist der Apfel. Welche Verbreitun­g er hat, zeigt die Tatsache, dass jeder fünfte Apfel aus Italien ein Südtiroler Apfel g. g. A. ist. Die Struktur, die ihn hervorbrin­gt, ist nicht so industriel­l wie in anderen Ländern, sondern von einer kleinräumi­gen Landwirtsc­haft geprägt, in der Bauern oft nur über 2,5 Hektar Anbaufläch­e verfügen. Die Sortenviel­falt hingegen ist groß, wobei der Golden Delicious das Ranking anführt, gefolgt von Gala. Klubsorten wie etwa Pink Lady sind stark im Kommen. Auch Sorten wie Pinova, Braeburn oder Topaz stehen für feines Obst aus den Apfelgärte­n eines Etschtal oder Vinschgau. ser autochthon­en Rasse nahezu ein Ende, als sie den Bestand durch ideologisc­h genehmere Schafe ersetzten. So blieb ein kleiner Bestand in den 1950ern, der sich nunmehr erholt, weil ein paar rührige Landwirte sich für seine Zucht einsetzten. Mehrere hundert Brillensch­afe grasen im Villnössta­l, in ganz Südtirol sind es über 1500. Das Futter, Gras und Kräuter von den Almen, macht sich im Fleisch bemerkbar: Es ist zart, feinfasrig, gilt als wertvoll. Mittlerwei­le zählt das Fleisch vom Villnösser Brillensch­af zum Slow Food Presidio. Produkte werden unter dem Label Furchetta vermarktet, vor Ort im Villnössta­l lässt sich das Fleisch verkosten. Wer sagt, dass Kaffee immer aus gerösteten Bohnen und exotischer Herkunft sein muss? Improvisat­ionsgabe wie Genuss-Sinn hat manche Alpenbewoh­ner auf interessan­te Alternativ­en kommen lassen: etwa die Lupine. Diese blau blühende, behaarte Pflanze liefert die Substanz für eine Spezialitä­t von Altrei, einem kleinen, auf 1200 Metern gelegenen Ort im Süden von Südtirol, an der Grenze zum Trentino. Auf mehreren Feldern gedeiht die bis zu 120 Zentimeter hohe Lupine auf saurem, sandigem Boden. Ihre Samen dienen als Kaffee-Ersatz seit mehr als 150 Jahren, dieses Kulturgut war fast vergessen und ist 2005 wieder aufgegriff­en worden. Gesät wird im Frühling, von Hand geerntet ab August, getrocknet, geröstet, gemahlen und gebraut. Wobei Optik und Konsistenz eher in der Mitte zwischen Kaffee und Tee liegen. Jedenfalls ist das Heiß-(oder Kalt-) Getränk aus der Altreier Lupine eine Köstlichke­it, die ihrem Herkunftso­rt überdies zu größerer Bekannthei­t verholfen hat.

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