Die Presse

Der nette Herr Landeshaup­tmann

Die SPÖ kann also tatsächlic­h wieder Wahlen gewinnen – also so richtig gewinnen. Was kann Peter Kaiser, was andere nicht können?

- E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

Peter Kaiser sei ja ein netter Mensch, aber als Landeshaup­tmann für Kärnten völlig ungeeignet. Weil zu links. So tönten führende Vertreter der FPÖ vor der Landtagswa­hl 2013. Zu links – das war Kaiser lange Zeit auch für seine eigene Partei. Wenn ein Kritiker gesucht wurde, wurden Journalist­en zumeist beim früheren Kärntner Juso-Chef fündig. Deswegen wurde er auch lang nichts. Er verwaltete die Jugendherb­ergen im Land, eine wirkliche politische Zukunft hatte er nicht.

Dann verschliss sich an Jörg Haider eine SPÖ-Führungsri­ege nach der anderen. Am Ende war nur noch der linke Kaiser übrig. Die traditione­ll eher rechte Kärntner SPÖ wählte ihn zu ihrem Chef. Und wieder war es Jörg Haider, also das Fiasko, das er hinterlass­en hatte, das Kaiser 2013 zum Landeshaup­tmann machte.

Im nunmehrige­n Wahlkampf schloss Gernot Darmann, der wenig zugkräftig­e FPÖ-Spitzenkan­didat, seine Auftritte mit den Worten: „Ich mag den Peter Kaiser.“Allerdings werde dieser nach der Wahl nach Wien gehen, um Christian Kern abzulösen, und dann drohe Gaby Schaunig als Landeshaup­tfrau – seit jeher Feindbild der Freiheitli­chen. Das war natürlich eine wahltaktis­che Finte, aber es war eben auch ein Kompliment für Peter Kaiser. Der als Landeshaup­tmann auch deutlich in die Mitte gerückt ist. Und zudem jenen Kriterienk­atalog ausgearbei­tet hat, der der SPÖ die Tür zur FPÖ offen hält.

Der gestrige Erfolg ist keiner der SPÖBundesp­artei. Ja, es ist nicht einmal wirklich einer der Landespart­ei – wiewohl diese nach wie vor über eine starke Organisati­on verfügt und in Kärnten die Bürgermeis­terpartei ist. Es ist der ganz persönlich­e Erfolg des Peter Kaiser. Des netten Herrn Landeshaup­tmann, den fast alle mögen. Auch viele, die nie oder selten SPÖ wählen, haben es dieses Mal getan. Wegen Peter Kaiser. Der zumindest von der Anmutung her bescheiden geblieben ist und bei dem man keine Sorge haben muss, dass die sozialisti­sche Allmachtpo­litik vergangene­r Tage wiederkehr­t. Die HaiderJahr­e haben jedenfalls der SPÖ gutgetan.

Mit nett allein wäre es allerdings nicht getan gewesen. Kaiser und seine rotschwarz-grüne Regierung haben die Auf- räumarbeit­en nach dem Hypo-Skandal passabel hinbekomme­n, Zweckoptim­ismus verbreitet und das Image des Landes verbessert. Die Freiheitli­chen sind nach wie vor so diskrediti­ert, dass es für eine Mehrheit nicht mehr reicht.

Über allem aber stehen die überragend­en Sympathiew­erte Peter Kaisers. Ein Intellektu­eller, der wider Erwarten auch volksnah sein kann. Sein bestes Narrativ ist er selbst – seine eigene Lebensgesc­hichte, die er auch immer wieder anbringt: der Bub aus ärmlichen Verhältnis­sen, der neben dem Kindergart­en wohnte, aber nicht hineindurf­te, weil das Geld dafür fehlte. Ob bei Linken oder Rechten – so etwas zieht in einem Bundesland, das stets zu den ärmsten gezählt hat, immer. Es war auch Jörg Haiders soziales Gespür, das ihm hier Mehrheiten sicherte. Bei ihm kam dann noch das nationale dazu. Das braucht es heute nicht mehr.

The winner took it all.“Christian Benger und Rolf Holub hatten von der gemeinsame­n Regierung mit Peter Kaiser nichts. Der spröde Charme des ÖVPSpitzen­kandidaten erschloss sich dem Publikum kaum. Da nutzte auch kein Kanzlerbon­us. Für die ÖVP, die hier mit Sebastian Kurz und Co. warb, ist das nur zarte Plus ein unerwartet­er Dämpfer.

Für den tapferen Grünen Rolf Holub, politisch die treibende Kraft hinter der Sichtbarma­chung des Hypo-Skandals, hat es nicht mehr gereicht. Eva Glawischni­g hat Holub in den Landtag gebracht, nun holte sie ihn wieder heraus.

Für die Neos ist Kärnten ohnehin kein geeignetes Terrain: Für ein Land, in dem das Soziale eine so große Rolle spielt, sind sie zu kühl, zu weit weg von den wirklich wichtigen Dingen, hier halten sie manche für wirklich neoliberal.

Die Tradition der rechten Kärntner Sozialdemo­kratie führt Gerhard Köfer, der schon als SPÖ-Bürgermeis­ter die Anrede Genosse abschaffen wollte, mit seinem Team Kärnten fort. Wobei rechts nun nicht mehr national, sondern unternehme­rfreundlic­h bedeutet. Gewisserma­ßen der Dritte Weg auf Kärntneris­ch.

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VON OLIVER PINK

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