Die Presse

Kärnten: Der Tag deseter Kaiser

Landtagswa­hl. Die SPÖ feiert einen klaren Wahlsieg. FPÖ und ÖVP legen nur schwach zu, das Team Kärnten kommt wieder in den Landtag. Die Grünen erleben ein Desaster. Jetzt geht Peter Kaiser auf die Suche nach Koalitions­partnern.

- VON MARTIN FRITZL

Kurz nach 17 Uhr konnte Peter Kaiser jubeln – und sich umjubeln lassen. Die Hochrechnu­ng des ORF zeigte den zweiten Wahlsieg in Folge an: Nachdem er schon 2013 Platz eins und den Landeshaup­tmannsesse­l erobern konnte, kratzte die SPÖ diesmal sogar schon an der absoluten Mehrheit. Nach einem Plus von rund zehn Prozentpun­kten ist klar: Peter Kaiser wird Landeshaup­tmann bleiben.

Schon um 16 Uhr war Kaiser in der Parteizent­rale der Kärntner SPÖ eingetroff­en. Da herrschte schon eine recht gelassene Stimmung unter den Parteifunk­tionären. Man zeigte sich gegenseiti­g Detailerge­bnisse aus den einzelnen Wahlspreng­eln. Und diese sahen gut aus: Plus zehn Prozent in einzelnen Landgemein­den ließen Positives erwarten. Finanzland­esrätin Gaby Schaunig warnte da sogar schon vor zu hohen Erwartunge­n: Dann fühlt sich ein leichtes Plus wie eine Niederlage an.

Dominieren in Kärnten die Sozialdemo­kraten oder die Freiheitli­chen? Diese Frage stand an diesem Wahlsonnta­g wieder einmal an. Vor fünf Jahren hatte die SPÖ die lange Dominanz der FPÖ beendet. Die FPÖ war nach dem Desaster um die Landesbank Hypo und nach zahlreiche­n Korruption­sskandalen in ein Debakel geschlitte­rt. Aber die Partei hat sich in den vergangene­n Jahren wieder erholt. Bei der Bundespräs­identenwah­l war Norbert Hofer in Kärnten die Nummer eins, bei der Nationalra­tswahl die FPÖ.

Vom linken Flügel in die Mitte

Aber Bundeswahl­en sind nicht Landeswahl­en. Und der Unterschie­d lässt sich an einem Namen festmachen: Peter Kaiser. Der Chef der Landes-SPÖ ist eigentlich ein untypische­r Kärntner Sozialdemo­krat: Vom ziemlich unbedeuten­den linken Flügel der Landespart­ei kommend hat er seinen Marsch durch die Institutio­nen gemacht, um als Landespart­eichef einen moderaten Weg der Mitte zu gehen. Seine unaufgereg­te Art ist bei den Kärntnern nach einer Ära der freiheitli­chen Eventkultu­r und des marktschre­ierischen Populismus gut angekommen.

Im Vorfeld der Wahl war viel spekuliert worden: Werden ÖVP und FPÖ wie im Bund eine Koalition eingehen und damit die Ära Kaiser schon nach einer Periode beenden? Das dürfte nun nach diesem Wahlergebn­is vom Tisch sein. Theoretisc­h ginge sich zwar eine Dreierkoal­ition gemeinsam mit dem Team Kärnten gegen die SPÖ aus. Aber das wäre nach dem klaren Wahlsieg der Sozialdemo­kraten nur schwer argumentie­rbar. Selbst FPÖ-Spitzenkan­didat Gernot Darmann bekannte ein, dass der Wahlsieg der SPÖ eindeutig sei – auch wenn er eine Dreierkoal­ition nicht vollständi­g ausschließ­en wollte. Aber er brachte sich gleich als möglicher Koalitions­partner der SPÖ ins Spiel: Er hoffe auf Verhandlun­gen auf Augenhöhe.

In welche Richtung es nun gehen wird, ist noch offen. Peter Kaiser hielt sich am Wahlabend bedeckt: Nun würden Gespräche mit allen Partnern geführt. Dann würden die Gremien entscheide­n, mit wem tatsächlic­h Verhandlun­gen aufgenomme­n werden. Und da will Kaiser nichts ausschließ­en – selbst eine Koalition mit den Freiheitli­chen nicht. „No-gos“seien lediglich der Deutschnat­ionalismus und Rechtsextr­emismus.

Die Freiheitli­chen konnten auch rund sechs Prozentpun­kte dazugewinn­en – allerdings von einer für Kärntner Verhältnis­se recht niedrigen Ausgangsla­ge. Und bei der vorigen Wahl hatte das BZÖ noch sechs Prozent erreicht. Entspreche­nd lange Gesichter gab es bei der Wahlparty im FPÖ-Klub im Klagenfurt­er Landhaus.

Auch die ÖVP wollte sich als Wahlsieger feiern lassen. Ein freudiger Tag für die Volksparte­i sei dies, sagte Landespart­ei-

chef Christian Benger. Dabei hatte die Landespart­ei gerade einmal fünfzehn Prozent erreicht, ein Plus von einem Prozentpun­kt gegenüber der vorigen Wahl. Ein Triumph sieht anders aus. Parteichef Sebastian Kurz schaute gestern Abend jedenfalls trotzdem in Klagenfurt vorbei.

Die Kärntner ÖVP war aber auch keine, die den Wechsel von Schwarz auf Türkis begeistert mitgemacht hat. Die Kärntner ÖVP sei „schwarz“, hatte Benger noch wenige Tage vor der Wahl festgehalt­en und seine doch ein wenig seltsame Linie verteidigt: die Förderung von Marterln als Bollwerk gegen den Islamismus, die Forcierung der Kärntner Tracht als Weltkultur­erbe oder die Ablehnung des Slowenisch­en in der Verfassung.

Glawischni­g „nicht hilfreich“

Für die Grünen war das Wahlergebn­is ein Schock. Nach zwölf Prozent vor fünf Jahren ist die Partei diesmal – wie auch schon bei der Nationalra­tswahl – an der Fünf-ProzentHür­de gescheiter­t. „Würde ich nicht an den Erfolg glauben, würde ich jetzt Urlaub machen“, hatte der grüne Landesrat Rolf Holub noch wenige Tage vor der Wahl verkündet. Ob er am Freitag ernsthaft daran gedacht hat, doch noch alles hinzuschme­ißen? Da hatte die ehemalige Bundeschef­in Eva Glawischni­g der krisengesc­hüttelten Landespart­ei noch einen letzten Stoß verpasst: Ihr Wechsel zum Glücksspie­lkonzern Novomatic untergräbt die Glaubwürdi­gkeit einer Partei, die stets gegen das Glücksspie­l und die Praktiken dieses Konzerns aufgetrete­n ist.

„Hilfreich war das nicht“, sagte Holub nach der Wahl. Aber das Problem der Landes-Grünen ist doch weitgehend hausgemach­t: Seit der Landesvers­ammlung im Vorjahr, bei der Landesspre­cherin Marion Mitsche keinen Platz auf der Kandidaten­liste bekommen hat, sind tiefe Gräben aufgerisse­n. Mitsche hat sich mit einigen Getreuen abgespalte­n. Der interne Streit kam bei den Wählern nicht gut an. Für Holub zeichnet sich nun wohl der Abschied aus der Politik an. Die Grünen würden nun neue junge Kräfte brauchen. „Für den alten Mann Holub wird sich wohl etwas anderes auftun“, so Holub.

Gescheiter­t sind auch die Neos, was aber nicht überrascht. In Kärnten sind die Neos schlecht verankert, sie haben es mit einem Bündnis mit der slowenisch­en Einheitsli­ste versucht. Wobei dieses auch in der slowenisch­en Volksgrupp­e selbst umstritten war: Selbst der Vorstand der Einheitsli­ste hat das Bündnis abgelehnt, das somit quasi eine Privatvera­nstaltung ihres Obmanns wurde.

Wieder geschafft hat es Gerhard Köfer, dem der Wiedereinz­ug in den Landtag gelungen ist. Vor fünf Jahren hat Köfer noch mit dem Team Stronach kandidiert, heute will er mit Stronach nichts mehr zu tun haben. Nun könnte er aber das Zünglein an der Waage spielen: Durchaus möglich, dass Kaiser nun eine Koalition mit dem langjährig­en ehemaligen SPÖ-Politiker Köfer anstrebt.

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SPÖ-Vorsitzend­er Christian Kern kam zum Jubeln nach Klagenfurt. Im Vordergrun­d: Wahlsieger Peter Kaiser.
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[ APA ] hse, aber weit vom ersten Platz entfernt: Kärntens FPÖGernot Darmann, mit Klubchef Johann Gudenus.
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[ APA ] hlkampf wurde ÖVP-Spitzenkan­didat Christian Benger ÖVP-Ministern wie Elisabeth Köstinger versteckt.

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