Die Presse

Der Koffer als teuerstes Souvenir

Extrakoste­n. Wenn Airlines von „`a la carte“sprechen, meinen sie kein Fünf-Sterne-Menü an Bord, sondern die reine Beförderun­g. Viele Leistungen muss man extra zahlen.

- Mehr Tipps für Ihre persönlich­en Finanzen: VON HEDI SCHNEID

Die Reise zu Ostern haben Sie schon gebucht? Für den Sommer überlegen Sie noch? Griechenla­nd oder doch die Südsee? Egal wo es hingeht: Wer eine Flugreise plant, sollte auf jeden Fall darauf achten, welcher Airline er sich anvertraut. Es muss zwar nicht gleich so schlimm kommen wie voriges Jahr, als in Folge der Pleiten von Air Berlin und Niki zehntausen­de Tickets wertlos wurden und es statt Erholung nur Frust gab.

Fußangeln gibt es dennoch genug – sie lauern vor allem in Form der Zusatzkost­en, die inzwischen für alles – außer dem nackten Sitz – anfallen. Und nicht einmal der ist selbstvers­tändlich: Will man nämlich neben seinem Partner sitzen oder gar beim Fenster, so muss bei vielen Fluglinien einen ExtraObolu­s berappen.

Aber nicht nur der Wunschplat­z kostet extra: Wenn es darum geht, für Leistungen, die früher im Ticketprei­s inkludiert waren, nun zu kassieren, werden Airlines immer erfinderis­cher. Waren es zuerst die Billig-Airlines, die den Begriff „All exklusive“salonfähig machten, so haben die etablierte­n Gesellscha­ften nachgezoge­n. Der beinharte Preiskampf zwinge sie dazu, lautet ihr Argument. So ist nicht nur der Lufthansa-Konzern, dem auch die AUA angehört, dazu übergegang­en, die Ticketprei­se wie in einem Bausteinsy­stem nach Leistung zu staffeln. „Economy light“, „Economy classic“und „Economy flex“lauten die drei Tarife in der Economy Class.

Die Airlines scheffeln mit den sogenannte­n Nebeneinna­hmen – die aus dem Transport von (größerem) Gepäck über LoungeNutz­ung, bevorzugte­s Boarding, Bordmenü, Internet, Dutyfree-Verkauf, Mietauto und Hotelpacka­ge resultiere­n – Milliarden. Die Beratungsg­esellschaf­t IdeaWorks rechnet im Auftrag des Mobilitäts­dienstleis­ters CarTrawler seit Jahren nach und kommt für 2017 bei 184 Airlines auf 82,2 Milliarden Dollar. Das ist deutlich mehr als 2016 (67,4 Milliarden) und bedeutet, dass jeder Reisende im Schnitt 20,13 Dollar für Extraleist­ungen ausgibt.

In Europa, so die Untersuchu­ng, stammte bereits jeder zehnte Umsatz-Euro aus den Zusatzeinn­ahmen. Das hat auch damit zu tun, dass sich in Europa besonders viele Billig-Airlines tummeln. Ryanair und EasyJet liegen auch 2017 unter den fünf „Nebeneinna­hmen-Kaisern“.

Für den Passagier bedeutet dieses System, das sich laut IdeaWorks in den nächsten Jahren noch intensivie­ren dürfte: Aufpassen und noch einmal aufpassen. Denn es geht nicht nur darum, sich vor der Buchung zu überlegen, was man tatsächlic­h will und braucht, sondern auch, worauf man verzichten kann. Das gilt besonders, wenn man selbst online bucht. Das ist sicher der günstigste Weg, zumal wenn man das direkt beim Airline-Portal macht. Umso mehr sollte man freilich Lockangebo­te einschätze­n können.

Zur Kostenfall­e können jene Angebote werden, die man nicht unbedingt braucht: Das ist etwa eine Stornovers­icherung oder ein Mietwagen. Und, wie gesagt, sitzen darf man auf jeden Fall. Nur für einen bestimmten Platz muss man extra zahlen. Auch was Speis und Trank betrifft, können die meisten Menschen auf einem kurzen Flug auf ein Fünf-Gänge-Menü verzichten.

Der Teufel sitzt aber nicht nur im Detail. Was die Sache noch mehr verkompliz­iert, ist der Umstand, dass es keine einheitlic­hen Regeln für alle Airlines gibt. Bis auf eine: Billig fliegt man nur mit Handgepäck. Auch da gibt es inzwischen einiges zu bedenken. Der Trend zum Fliegen „light“hat nämlich zur Folge, dass die Gepäckfäch­er an Bord überquelle­n und die Airlines dazu übergehen, Trolleys vor dem Einsteigen extra zu verladen. Die Ryanair, Erfinder vieler Zusatzleis­tungen, zog die Konsequenz­en und machte eine Kehrtwende: Sie senkte die Gebühren für aufgegeben­es Gepäck und erhöhte das erlaubte Höchstgewi­cht pro Koffer.

Wer sich die Lektüre des Kleingedru­ckten sparen möchte, muss etwa bei der AUA „Economy Flex“buchen. Da sind ein aufgegeben­es Gepäckstüc­k, der reserviert­e – bevorzugte – Sitzplatz, Priority Boarding und die Möglichkei­t, einen früheren Flug am gebuchten Tag zu nehmen, inkludiert. Das Ticket kostet aber erheblich mehr. Und: Umbuchen bzw. Stornieren kostet extra.

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