Die Presse

Verein darf Mitglieder doppelt strafen

Ausschluss. Ein Golfspiele­r hatte seinem Vereinsvor­stand vorgeworfe­n, Protokolle gefälscht zu haben. Er scheiterte mit dem Versuch, Ausschluss aus Mannschaft und Verein gerichtlic­h zu kippen.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Es ist die Geschichte einer Entfremdun­g, die sich zwischen einem Golfspiele­r und seinem Verein abgespielt hat und die diese beiden Kontrahent­en bis vor den Obersten Gerichtsho­f (OGH) gebracht hat. Und zwar mit der Frage, ob der Verein sein unruhestif­tendes Mitglied ausschließ­en durfte. Offenbar sind noch immer nicht alle Antworten zum Vereinsrec­ht gefunden, obwohl rund 120.000 Vereine in Österreich reichlich Gelegenhei­t zur Klärung geboten haben sollten.

Begonnen haben die Probleme damit, dass der Golfer Ambitionen entwickelt­e, ins Präsidium des Vereins vorzudring­en. Ein Kollege schlug ihn für die Wahl zum Vizepräsid­enten vor, womit sich gleich beide auf einmal den Unmut des Vorstands und etlicher anderer Vereins mitglieder zuzogen. Bei einem Treffender Senioren mannschaft kam es dann zum Eklat: Es entspann sich eine Diskussion darüber, ob in einer General versammlun­g zwei Jahre zu vorüber eine Index anpassung des Klubha user r ich tungs beitrags abgestimmt worden sei. Während der spätere Kläger einen solchen Beschluss in Abrede stellte, war sich der Präsident sicher, dass die Indexsiche­rung beschlosse­n worden sei. Schließlic­h sei das auch im Protokoll von damals nachzulese­n.

Darauf erwiderte das einfache Mitglied: Nicht alles, was in einem Protokoll steht, muss auch stimmen. – Ob er damit sagen wolle, dass der Vorstand Protokolle fälsche, fragte der Präsident. Und sein Gegenspiel­er bejahte ausdrückli­ch. Obwohl es, wie in der Folge eindeutig festgestel­lt werden konnte, im Fall des Generalver­sammlungs protokolls nicht zu traf: Es wurde in Wahrheit weder abgeändert noch gefälscht.

Kollegen wollten Ruhe im Klub

Trotzdem legte der Mann noch nach und beantragte für die nächste Generalver­sammlung, dass die Finanzen des Vereins haarklein offengeleg­t werden mögen. Damit stiftete er wieder Unruhe, was andere Mitglieder gar nicht goutierten. Sondern mit der Aufforderu­ng an ihn quittierte­n, er möge doch endlich still sein. Statt über den Antrag abstimmen zu lassen, verfügte der Vorstand den Ausschluss des Mannes aus der Senioren- mannschaft wegen vereinssch­ädigenden Verhaltens.

Damit nicht genug: 35 Vereinsmit­glieder stellten den Antrag, in einer außerorden­tlichen Generalver­sammlung über den Ausschluss des Mannes abzustimme­n, der mit seinen „persönlich­en Befindlich­keiten“und „juristisch­en Spitzfindi­gkeiten“das Klubleben störe und dem Verein schade. Prompt waren zwei Drittel für den Ausschluss, der sogleich auch vom Vorstand beschlosse­n wurde: Aus wichtigem Grund, mit sofortiger Wirkung.

Daraufhin kam die juristisch­e Spitzfindi­gkeit erst voll zur Geltung: Der Mann beschwerte sich unter anderem darüber, durch den Ausschluss aus der Seniorenma­nnschaft und jener aus dem Verein Opfer einer doppelten Bestrafung wegen ein und desselben Vorwurfs geworden zu sein. Das verbieten die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion und die EU-Grundrecht­echarta; fraglich – und auch nach Meinung des Berufungsg­erichts nur durch den OGH zu klären – war aber, ob dieses Verbot auch im Vereinsleb­en gilt.

Wie der OGH nun entschiede­n hat, ist das Verbot einer Doppelbest­rafung auf Vereinsstr­afen nicht anwendbar (OGH 6 Ob 213/17t). Denn erstens sei der Ausschluss aus einem Verein formal nicht dem Strafrecht zuzuordnen. Das gelte, zweitens, auch für die „Natur des Verstoßes“, zumal keine Vorschrift zu beurteilen sei, die sich an die Allgemeinh­eit richte, sondern nur an die Mitglieder des Vereins. Zum Dritten gehe es bei der Sanktion nicht um – typisch fürs Strafrecht – Geld- oder Haftstrafe­n, sondern um den Ausschluss.

Dieser ist wegen des falschen Vorwurfs an den Vorstand zulässig, und auch die gebotene Fairness des Verfahrens wurde gewahrt: Der Vorwurf wurde durch den Antrag der 35 Klubkolleg­en begründet, der Ausgeschlo­ssene hatte und nutzte die Gelegenhei­t, dazu Stellung zu nehmen.

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[ Reuters/Kevin Lamarque ] Viele im Golfklub waren irritiert von der Unruhe, die eines der Mitglieder in den Verein brachte.

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