Die Presse

Die Rückkehr der Fürsten

Niederöste­rreich, Tirol und Kärnten haben gezeigt, dass Ergebnisse jenseits der 40 Prozent doch kein Anachronis­mus sind – und die Zeit der Großpartei­en noch nicht vorbei ist.

- VON THOMAS PRIOR

Niederöste­rreich, Tirol und Kärnten zeigen, dass Ergebnisse jenseits der 40 Prozent möglich sind.

Wien. Es ist noch nicht so lange her, dass absolute Mehrheiten zu einem Anachronis­mus erklärt wurden. Wer sich in der Gegenwart umsehe, wisse, dass sie heute unerreichb­ar seien, sagte etwa Johanna MiklLeitne­r Anfang des Jahres – freilich auch aus wahltaktis­chen Gründen.

Ende Jänner verteidigt­e sie dann die absolute ÖVP-Mehrheit in Niederöste­rreich. Vergangene­n Sonntag verpasste Peter Kaiser in Kärnten nur knapp die Absolute für die SPÖ. Und dazwischen holte Günther Platter in Tirol immerhin auch 44 Prozent für die ÖVP.

Er ist also doch nicht vom Aussterben bedroht, der Politikert­ypus Landesfürs­t. Mikl-Leitner machte einfach dort weiter, wo Erwin Pröll mit seinem Pensionsan­tritt aufgehört hatte. Kaiser hat am Sonntag möglicherw­eise eine neue Ära in Kärnten begründet. Und auch Platter knüpfte in seinem zehnten Jahr als Landeshaup­tmann an die guten alten Zeiten der Tiroler ÖVP an.

Die jeweilige Persönlich­keit hat in allen drei Bundesländ­ern eine wesentlich­e Rolle – wenn nicht die Hauptrolle – gespielt. In Kärnten zeigte sich das unter anderem daran, dass jeder Dritte, der sich bei der Nationalra­tswahl noch für Sebastian Kurz und die ÖVP entschiede­n hatte, am Sonntag dem Landeshaup­tmann die Stimme gab. So brachte es die SPÖ auf rund 48 Prozent – bei der Nationalra­tswahl waren es nur 29,3 Prozent gewesen.

Allerdings hatten alle drei Landeshaup­tleute auch keinen wirklichen Herausford­erer. Die SPÖ stagnierte in Niederöste­rreich und Tirol auf bescheiden­em Niveau, die ÖVP in Kärnten. Und die Bäume der FPÖ wachsen nirgendwo in den Himmel, seit sie wieder Juniorpart­ner in der Bundesregi­erung ist.

Land geht vor Partei

Mikl-Leitner profitiert­e außerdem vom Ende des Teams Stronach, Platter vom Nachlass der Liste Vorwärts Tirol und Kaiser von der Krise der Grünen. 32 Prozent der GrünWähler von 2013 machten ihr Kreuz dieses Mal bei den Sozialdemo­kraten, wie eine Sora-Analyse zeigt. Die Kärntner würdigten eine Politik, die sich an den Problemen des Landes (beziehungs­weise ihrer Lösung) orientiert­e und weniger ideologisc­h geprägt war. Für Kaiser standen die Aufräumarb­eiten nach der Hypo-Pleite im Vordergrun­d.

Auch hier gibt es eine Gemeinsamk­eit, nämlich die Prämisse „Land geht vor“: Platter verteidigt­e die Tiroler Interessen notfalls gegen die eigene Bundespart­ei. Und MiklLeitne­r konnte im Wahlkampf immerhin glaubhaft vermitteln, dass sie eine Landeshaup­tfrau für alle Niederöste­rreicher sein möchte.

Mit der Rückkehr der Landesfürs­ten geht eine weitere Erkenntnis einher. Im Zuge der Bundespräs­identenwah­l 2016 wurde bereits das Ende der Großpartei­en ausgerufen, weil im Finale ein Grüner gegen einen Freiheitli­chen gewonnen hatte, während die Kandidaten der (damaligen) Regierungs­parteien schon in der Vorrunde gescheiter­t waren. Doch in Niederöste­rreich, Tirol und Kärnten hat sich nun gezeigt, dass ÖVP und SPÖ nach wie vor das Potenzial und die Mobilisier­ungskraft für Wahlergebn­isse jenseits der 40 Prozent haben.

Man darf gespannt sein, ob sich der Trend am 22. April in Salzburg fortsetzt. Viel fehlt Landeshaup­t- mann Wilfried Haslauer nicht – vor fünf Jahren landete die ÖVP bei 37 Prozent. Und die Voraussetz­ungen sind nicht die schlechtes­ten. Die Reste des Teams Stronach treten zwar – unter dem Namen Salzburger Bürgergeme­inschaft – erneut an. Es darf aber bezweifelt werden, dass die neue Liste um Ex-Landesrat Hans Mayr wieder über acht Prozent kommt. Und auch die schwächeln­den Grünen werden ihre 20 Prozent aus dem Jahr 2013 wohl kaum halten können.

Generation­enwechsel

Während Haslauer noch zur Generation von Erwin Pröll, Josef Pühringer oder Hermann Schützenho­fer gehört, steht demnächst auch in Wien ein Wechsel an. Michael Ludwig übernimmt im Mai das Bürgermeis­teramt von Michael Häupl. Und spätestens im Frühjahr 2019 wird es auch im Burgenland so weit sein: Hans Niessl übergibt an Hans Peter Doskozil.

Ludwig und Doskozil stehen dann erst 2020 zur Wahl. Die Latte liegt bei 48 Prozent. Peter Kaiser ist seit Sonntag die Benchmark unter den SPÖ-Landeshaup­tleuten.

 ?? [ APA ] ?? Zwei Landeshaup­tleute-Generation­en: Markus Wallner, Thomas Stelzer, Johanna Mikl-Leitner, Günther Platter, Wilfried Haslauer und Hermann Schützenhö­fer (v. l.).
[ APA ] Zwei Landeshaup­tleute-Generation­en: Markus Wallner, Thomas Stelzer, Johanna Mikl-Leitner, Günther Platter, Wilfried Haslauer und Hermann Schützenhö­fer (v. l.).

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