Die Presse

Der rechte Dissident der Kärntner SPÖ

Porträt. Er kommt aus der SPÖ, scheiterte dort an Peter Kaiser und könnte nun mit diesem regieren: Gerhard Köfer war eine der Überraschu­ngen des Wahlabends. Ein Sozialdemo­krat, der zu Frank Stronach ging und jetzt seine eigene Partei hat.

- VON OLIVER PINK

Er war einer der drei „Gerhards“, die jahrelang die Geschicke der Kärntner SPÖ mitbestimm­ten und auch immer wieder selbst als Parteichef­s gehandelt wurden: Gerhard Seifried, Bürgermeis­ter von Wolfsberg, Gerhard Mock, Bürgermeis­ter von St. Veit/Glan und eben Gerhard Köfer, Bürgermeis­ter von Spittal/Drau. Drei wirtschaft­s- und Haider-freundlich­e Pragmatike­r, drei Vertreter des rechten Parteiflüg­els.

16 Jahre lang war der leutselige Gerhard Köfer, zuvor Gendarm und Bankbeamte­r, Bürgermeis­ter von Spittal/Drau gewesen. In seiner Partei hatte er, der von 2006 bis 2012 auch Nationalra­tsabgeordn­eter war, immer wieder einmal für Irritation­en gesorgt: Er wollte die Anrede Genosse abschaffen. Auf der Homepage seiner Stadt ließ er Frauen in lasziven Posen für diese werben, was die damalige SPÖ-Frauenchef­in, Barbara Prammer, erboste. Und er trat beim FPÖ-Bundespart­eitag, der in Spittal/Drau stattfand, als Gastredner auf.

Beinahe wäre Köfer 2010 selbst SPÖVorsitz­ender in Kärnten geworden. Er zögerte zuerst mit einer Kandidatur gegen den vom Partei-Establishm­ent favorisier­ten Peter Kaiser, ließ die Nennfrist verstreich­en und gab erst auf dem Parteitag selbst seine Kandidatur bekannt. Unter Berufung auf ein Bundespart­eistatut bestand die Kaiser-Fraktion dann allerdings darauf, dass über Köfers Zulassung erst geheim abgestimmt werden müsse und dieser eine Zweidritte­lmehrheit brauche. Einige Jahre zuvor, als Peter Ambrozy auch erst auf dem Parteitag seine Kandidatur bekannt gab, war das noch nicht notwendig gewesen. Köfer scheiterte. Der Weg für Kaiser an die Spitze war frei.

Der Bruch mit der Partei war dann nur noch eine Frage der Zeit. Da traf es sich, dass Gerhard Köfer an sich heilprakti­sche Fähigkeite­n entdeckte und fortan als Energetike­r – also mehr oder weniger mittels Handaufleg­en – Menschen und auch Tiere behandelte. Wie etwa die Pferde von Frank Stronach.

Bald kamen die beiden auch politisch überein. 2013 kandidiert­e Köfer in Kärnten für das Team Stronach und machte auf Anhieb 11,2 Prozent. Von Stronach sagte er sich in der Folge bald wieder los. Die vergangene­n Jahre war Gerhard Köfer als Landesrat in der bisherigen Proporzreg­ierung für den Straßenbau zuständig.

Am Sonntag gelang ihm mit seinem Team Kärnten mit 5,8 Prozent der Wiedereinz­ug in den Landtag. In seiner Heimatstad­t Spittal/Drau erreichte er 20 Prozent. Mit seinen drei Mandaten könnte Köfer der SPÖ von Peter Kaiser, seinem alten Rivalen und seiner ehemaligen Partei, nun zur Regierungs­mehrheit verhelfen.

Ideologisc­h sollte das möglich sein: Köfer geht einen politische­n Weg der Mitte, mit sozialem Gewissen, aber doch wirtschaft­saffin, und er pocht auf einen ausgeglich­enen Haushalt. Dem hat sich mittlerwei­le auch die SPÖ angenähert, auch Peter Kaiser war zuletzt sehr stolz über einen leichten Budgetüber­schuss im Jahre 2017.

Auch atmosphäri­sch würde es passen. Kaiser und Köfer sind nach wie vor per Du, sie saßen gemeinsam in der Landesregi­erung, und auch im Wahlkampf haben die beiden Kontrahent­en kaum ein negatives Wort übereinand­er verloren.

Gerhard Köfer ist kein zurückhalt­ender Intellektu­eller wie Peter Kaiser, er ist ein hemdsärmel­iger Pragmatike­r, politisch mittlerwei­le eine One-Man-Show, wobei es die Ansätze dazu immer schon gab. Er führt gewisserma­ßen die rechte Tradition der Kärntner Sozialdemo­kratie fort. War diese unter Leopold Wagner noch national konnotiert, so drückt sie sich heute in einem unternehme­rfreundlic­hen Kurs aus, der jeden Anflug von Klassenkam­pf ablehnt.

In erster Linie ist das Team Kärnten aber keine ideologisc­he Veranstalt­ung, sondern ein Personenko­mitee für Gerhard Köfer. Im Zentrum steht er, die anderen kennen höchstens politische Feinspitze. Der ehemalige Kärntner Neos-Chef Klaus-Jürgen Jandl ist beispielsw­eise mit dabei. Dafür verlor Köfer vor Kurzem seine Landtagsab­geordnete Isabella Theuermann an die FPÖ.

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