Sebastian Kurz bei Seiner Fröhlichkeit
Audienz in Rom. Bundeskanzler Kurz sprach mit Papst Franziskus über Europa und Christenverfolgung. Im Mittelpunkt stand ein heikles Thema: der Umgang mit Flüchtlingen.
Mehr lächeln, lachen und strahlen ist bei einem Staatsbesuch nicht möglich. Aber es ist auch kein normaler Staatsbesuch. Bundeskanzler Sebastian Kurz macht in Rom einen Tag nach den Parlamentswahlen nicht dem italienischen Premierminister seine Aufwartung, sondern Papst Franziskus. Und der macht seinem Ruf, der sonnigste Papst seit Ewigkeiten – deren gibt es in Rom viele – zu sein, alle Ehre. Bei der Unterredung im Vatikan geht es auch um ein sehr heikles Thema an diesem regnerischen Montag: um Flüchtlinge. Und um Botschaften.
Die sind aus der Feder des Heiligen Vaters immer auch diplomatische Noten. Das Schöne an ihnen: Der Empfänger kann vieles großzügig herauslesen und interpretieren. Papst Franziskus verwendet zwar eine klare und oft einprägsam populäre Sprache, doch seine wohlvorbereiteten Texte lassen dann doch dosierten Spielraum zu. So etwa seine im November des Vorjahrs verfasste und im Jänner vorgetragene Botschaft zum Weltflüchtlingstag.
Die Anhänger einer offenen Flüchtlingspolitik und Kritiker des Kurses von Kanzler Sebastian Kurz lesen sie etwa als klare Aufforderung, die Grenzen weiter offen zu halten und Flüchtlinge aufzunehmen. Und damit als Kritik an Kurz. („Im Geist der Barmherzigkeit umarmen wir all diejenigen, die vor Krieg und Hunger fliehen oder die aufgrund von Diskriminierung, Verfolgung, Armut und Umweltzerstörung gezwungen sind, ihr Land zu verlassen.“)
Kurz interpretiert dies nach seinem ersten Besuch als Regierungschef beim Heiligen Vater anders. Bei seinem Treffen sprach Kurz die Migrationsfrage an und erntete nach eigenen Angaben Zustimmung. Das Kirchenoberhaupt habe davon gesprochen, dass „Regierende klug agieren müssten“. Kurz kommentierte das dann so: „Das bestärkt mich in unserem Tun, um vor Ort zu helfen.“Die Stelle aus der Botschaft von Fran- ziskus, die der Kanzler als Zustimmung zur österreichischen Position liest: Die Regierenden hätten „eine klare Verantwortung in ihren Ländern, deren ordentliche Rechte und harmonische Entwicklung sie gewährleisten müssen, damit sie nicht wie der törichte Bauherr erscheinen, der falsche Berechnungen angestellt hat und nicht in der Lage war, den Turm fertigzustellen, dessen Bau er begonnen hat“.
Kurz über Österreichs Turm: Das Land habe mit der Aufnahme
empfing Bundeskanzler Sebastian Kurz am Montag um 10 Uhr zu einer Privataudienz im Vatikan. Unmittelbar danach fand ein Delegationsgespräch mit Staatssekretär Kardinal Pietro Parolin statt. Kurz reiste gemeinsam mit dem Salzburger Landeshauptmann, Wilfried Haslauer, nach Rom. Sie luden den Heiligen Vater ein, nach Salzburg zu kommen. von 150.000 Flüchtlingen „mehr geleistet als fast alle Staaten dieser Welt“– etwa auch als Kanada, das für seine Flüchtlingspolitik medial so gern gelobt werde.
Aber daneben ging es auch um den gemeinsamen Kampf gegen die weltweite Christenverfolgung und für eine atomwaffenfreie Welt. Auch ein anderes Thema hat Kurz eigenen Angaben zufolge mit dem Papst besprochen: die Weiterentwicklung der Europäischen Union und wie Entscheidungen wieder schneller und leichter gefällt werden könnten.
Kurz zeigte sich beeindruckt von seinem zweiten Treffen mit dem Papst: Er sei von bemerkenswerter Fröhlichkeit und schaffe es, „den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und die weltweiten Lebensbedingungen zu verbessern“. Kurz nannte Franziskus „ein Vorbild für uns als Politi- ker“. Begleitet wurde Kurz vom Salzburger Landeshauptmann, Wilfried Haslauer, der Franziskus eine offizielle Einladung zum heurigen 200. Jubiläum des weltbekannten Weihnachtsliedes „Stille Nacht“überreichte.
Haslauer unterstrich im Anschluss an die Audienz besonders die „Friedensbotschaft“des Liedes. Es sei aber noch offen, ob der Papst die Einladung annehmen werde. „Wenn er nächstes Jahr kommen will, ist er auch herzlich willkommen“, sagte Wilfried Haslauer im Anschluss.
Die SPÖ war weniger herzlich und kritisierte den Papstbesuch, den Kurz zu einer Wahlkampfhilfe für Haslauer umfunktioniert habe. Übrigens: Die italienische Wahl und ihr schwieriges Ergebnis besprachen Kurz und Franziskus ausdrücklich nicht. Es blieb daher fröhlich.