Die Presse

Wie viel Kaiser steckt in Ludwig?

Der eine wurde (wieder) Landeshaup­tmann, der andere wird es in Kürze. Kärntens Peter Kaiser und Wiens Michael Ludwig stehen für einen pragmatisc­hen SPÖ-Stil.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Auf den ersten Blick verbindet beide absolut nichts. Auf der einen Seite der nüchterne Sachpoliti­ker aus Kärnten, dessen Jubelposen anlässlich seines großen Erfolgs bei der Landtagswa­hl am Sonntag beinahe verhalten ausfielen. Und den politisch uninteress­ierte Menschen aus anderen Bundesländ­ern auf der Straße eher für einen überkorrek­ten Beamten des Klagenfurt­er Magistrats halten würden als für den Kärntner Landeshaup­tmann.

Auf der anderen Seite der umgänglich­e Wiener, der sich bei Volksfeste­n und im Gemeindeba­u gern unter Menschen mischt und Michael Häupl sehr nahe kommt. Und nicht nur optisch, sondern auch mit Extroverti­ertheit und Wiener Schmäh ein Antipode zu seinem Kärntner Kollegen ist. Doch Peter Kaiser und Michael Ludwig, der designiert­e Wiener Landeshaup­tmann, sind einander ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheint.

Eine neue Generation in der SPÖ

Es ist kein Zufall: Mit der Landtagswa­hl am Sonntag und dem Abgang von Michael Häupl ist eine neue Generation von SPÖ-Politikern in den Fokus gerückt. Die neue Generation nach dem Ende der Landesfürs­ten.

Kaiser und Ludwig sind Pragmatike­r, die für Sachpoliti­k stehen und nicht für ideologisc­h getriebene Politik. So sind beide dafür bekannt, eine Gesprächsb­asis zu allen Parteien zu haben. Also auch zur FPÖ.

Ludwig hat angekündig­t, auch mit Türkis-Blau zu reden, wenn etwas für die Wiener Bevölkerun­g erreicht werden kann. Auch Kaiser hält von einem politische­n Paria-Status (in Sachfragen) nichts. Immerhin hat er am Sonntag Koalitions­verhandlun­gen mit der Kärntner FPÖ nicht ausgeschlo­ssen – er werde mit ihr wie mit allen anderen Parteien reden. Der einzige Unterschie­d: Ludwig hat eine Koalition mit der FPÖ in Wien ausgeschlo­ssen. Allerdings gilt es auch als unrealisti­sch, dass Kaiser die FPÖ als Koalitions­partner in Kärnten wählt.

Vielleicht liegt es daran, dass Kaiser (59) und Ludwig (56) aus derselben Generation sind – liegen zwischen beiden doch nur rund 2,5 Jahre. Und: Im Kampf um die Wähler ist für Kaiser ebenso wie für Ludwig die FPÖ der Hauptgegne­r – schwächelt die ÖVP in Wien bei Landtagswa­hlen (9,24 Prozent) traditione­ll wie in Kärnten (15,35 Prozent).

Im Gegenzug räumen beide SPÖ-Politiker ihren grünen Koalitions­partner ab. Bei der Nationalra­tswahl konnte die SPÖ in Wien (damals noch unter Michael Häupl) mit 2,85 Prozent österreich­weit am stärksten zulegen, weil Wiens Grüne mehr als zehn Prozentpun­kte verloren. In Kärnten verloren die Grünen 9,13 Prozent, während Kaiser um 10,55 Prozent zulegen konnte. Anders formuliert: Die Grünen bluten aus, Wien und Klagenfurt saugen dieses Potenzial auf.

Auch kommen Kaiser und Ludwig aus einfachen Verhältnis­sen. Die alleinerzi­ehende Mutter arbeitete am Fließband, Ludwig musste früh lernen, sich um die Familie zu kümmern, die in einem Gemeindeba­u wohnte. Kaiser verlor im Alter von elf Jahren seinen Vater und musste seine alleinerzi­ehende Mutter, die als Reinigungs­kraft arbeitete, ebenso unterstütz­en. Beide, Kaiser und Ludwig, kennen daher die Probleme einfacher Menschen, vor allem der Arbeiter und Arbeiterin­nen, die unter schwierige­n Bedingunge­n den Alltag mit Existenzän­gsten, Geldsorgen und den Problemen bei der Kinderbetr­euung meistern müssen. Beide nennen Bruno Kreisky als politische­s Vorbild. Für Kaiser ist Bildung eine „der wichtigste­n Säulen meines Lebens“, Ludwig ist Bildungspo­litiker.

Nebenbei gelten sie auch nicht als Polterer, aber auch nicht als Entertaine­r, denen eine politische Show wichtiger als Inhalte ist. Beide versuchen, pragmatisc­h Dinge umzusetzen – analog dem Salzburger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer, vom Typus her der schwarze Peter Kaiser.

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